Erster Gedanke nach Verlassen des Terminals in Cancún:
Schwüle 23 Grad abends um halb 10! Das ist Balsam für den kratzigen Hals und
die angeschlagene Psyche nach anderthalb Jahren ohne gescheiten Sommer. Wie schön,
dass dann auch schon Rodrigo und David von der Agentur auf mich warteten und
mich in einem kleinen Bus in ein Hotel in der Innenstadt brachten, wo ich sehr
glücklich um vier Uhr morgens nach deutscher Zeit in mein Bett fiel.
Das tollste am Reisen sind ja eigentlich nicht die Strände
und Buchten und Sehenswürdigkeiten. Das tollste sind eigentlich die Charaktere,
die man kennenlernt, wenn man auf Reisen ist. Da gibt es die Neugierigen und
die Schleimer und die Langweiler und die Romantiker, und alle sind irgendwie
einzigartig und tragen zu dem ganz besonderen Erlebnis „Ausland“ bei.
Wobei die Strände und Buchten schon auch ziemlich toll sind…
Die Karibianer (oder Karibier? Kariben?) sind ein nettes
Völkchen. Egal, wo wir hinkommen: alles ist bunt und laut und herzlich. Englisch
sprechen die meisten und US-Dollar akzeptiert jedes Land, das wir besuchen,
also ist es hier ganz entspannt. Französisch und Spanisch zu verstehen schadet
auch nichts – in St Maarten zum Beispiel kommt man so im Französischen Teil der
Insel super zurecht und in der Dominikanischen Republik weiß man, wenn über
einen gelästert wird, weil man so weiß ist.
Wenn man einmal Seefahrer war, ist ein neues Schiff keine
riesige Umstellung. Aber einen Unterschied merkt man schon zwischen einer
supermodernen Prima und einer Luna mit Jahrgang 2008. Nicht nur, dass alles
hier sehr viel kleiner und enger beieinander ist – auch die internen Abläufe
und das ganze Organisatorische im Team wirken irgendwie älter und
eingefahrener.
In die Karibik wollen Europäer vor allem wegen der Strände.
Viel Sonne, viele Palmen, viel Sand zwischen den Zehen. Und es gibt schon
richtig tolle Orte dafür in diesen Breitengraden. Was man auf unserer
Luna-Route nur erstaunlich oft erklären muss, ist, dass nicht alle Strände der
Karibik knallweiße Strände haben.
Das Karibische Meer ist nicht gleich der Atlantische Ozean.
Aber sie sind enge Nachbarn, und einige der Länder hier (wenn nicht sogar die
meisten) haben Küsten an beiden Meeren. Wo die Karibik türkis und hellblau ist,
ist der Atlantik tief dunkelblau. Wo die karibischen Wellen meist nicht mehr
als zwei bis drei Meter über Nacht haben, können die atlantischen schon ein
bisschen heftiger werden. Das Wasser im Atlantik hat zu dieser Jahreszeit etwa
25 Grad, während wir in der Karibik bis 28 Grad warmes Wasser haben. Der
Atlantik hat die Hurricanes, die Karibik kriegt nur die Folgen zu spüren.
Das tolle an einer zweiwöchigen Kreuzfahrtroute ist, dass
man an supervielen verschiedenen Häfen vorbeikommt. Wir haben neun auf unserer
Luna-Tour durch die nördliche Karibik und die besten Erlebnisse hat man in
meinen Augen immer dort, wo man überrascht wird und das ist meist in den
Ländern, über die man vorher nicht wirklich viel weiß.
Jamaika ist ein seltsames Land irgendwie. Auf einer Seite
die Luxushotels und direkt daneben die Wellblechhütten. Einerseits ist das
Lebensmotto „Ya Maan!“ und „There are no problems, just situations. And
situations can be dealt with“ und andererseits sieht man, wie sie alle am
Hungertuch nagen. Eigentlich doch eine Situation, mit der irgendwie umgegangen
werden sollte, aber zu sehen ist davon nichts.
Einer unserer coolsten Häfen ist gleichzeitig unser
anstrengendster: In Cozumel machen wir mitten in der Stadt fest und können
direkt ins Zentrum laufen und nach unseren Ausflügen mittags noch ein bisschen
bummeln, bevor wir zurück an Bord zum Schalter müssen. Cozumel ist aber auch
gleichzeitig eine Insel und die beliebtesten Ausflüge finden am Festland statt.
Und sagen wir es mal so: das Frühstück überlebt bei etwa der Hälfte unserer
Gäste die Fährüberfahrt nicht.
Ich liebe Inseln. Man hat wirklich mal die Möglichkeit, ein
Land in einem Tag zu sehen und wenn man wie ich dann auch noch öfters da ist,
umso besser! Das schönste an der Karibik ist ja eigentlich, dass es hier so
unglaublich bunt ist. Nicht nur die Natur wirft mit knalligen Farben um sich,
auch die Einheimischen tragen ihren Teil bei und warten mit bunten Häuschen und
Kunst an jeder Straßenecke auf.
Die eine Insel, die so richtig raussticht aus dem Gewusel
anderer Inseln auf unserer Karibikroute, ist Grand Cayman. Es ist bunt und
fröhlich und warm und sandig wie überall sonst auch. Aber eins fällt jedem auf,
der von Bord geht – egal ob auf Ausflug oder auf eigene Faust. Keiner schaut
uns schief an. Nicht nur im Hafen, sondern überall. Wir sind plötzlich nicht
mehr die „reichen Europäer“ oder „die Weißen“ oder „die Ausländer“. Hier gehört
man irgendwie dazu.
Unsere Festlandhäfen haben wir erstmal hinter uns gelassen
und jetzt geht es weiter zum Inselhüpfen, bis wir erst wieder in zwei Wochen
Festland betreten werden. Die Karibik-Route der Luna ist nämlich vorbei für die
Saison und wir machen uns auf den Weg in Richtung Europa. Einmal kommen wir
noch in die DomRep, nach St Maarten und nach St Kitts und dann gibt es endlich
mal wieder was neues zu sehen.
So ein Leben auf dem Wasser ist schon was nettes – so viele
neue Küsten und neue Orte, so viele nette Menschen und beeindruckende Natur,
irgendwie macht Wasser alles schöner. Ich bin ja auch absolut kein Bergmensch,
sondern fühle mich sehr viel wohler wenn ich weiß, dass Meer in der Nähe ist.
Und das ist es hier natürlich immer.
Ein letztes Mal ging es über unsere Karibikroute. Schön
blöd, wenn man sich grade dran gewöhnt hat und dann abhauen muss. Ich werde es
vermissen, Jamaikaner nach der Länge ihrer Haare unter den Rastacaps zu fragen,
das mexikanische Englisch zu übersetzen, in St Kitts an der Pier bummeln zu
gehen, in Belize plötzlich Affen zu entdecken, in St Maarten zu merken, dass
ich auch mit Euro hätte zahlen können, in der Dom.Rep. drauf zu warten, dass
doch endlich eins der Geisterboote im Hafen mal einfach untergeht.