Lang, lang ist’s her, dass ich in Hamburg im Hafen lag. Und
plötzlich ist man wieder da und alles fühlt sich seltsam vertraut an nach
weniger als einem halben Jahr woanders. Auch wenn es ein kleinerer Kussmund
ist, der am Steinwerderer Kreuzfahrtterminal anlegt, läuft doch alles irgendwie
so wie man es kennt und gewöhnt ist. Nur das Schiff muss man den neuen Gästen
nicht mehr erklären, denn „die Alten“ kennen ja fast alle unserer Gäste besser
als ich.
Irgendwie ja ganz cool, diese Kurzreisen zwischen den
Saisons. Zwar unglaublich anstrengend, diese Zwei- und Drei-Tages-Touren, aber
zwei Mal so eine Woche durch Südnorwegen ist schon ganz nett. Die erste Woche
war in Bergen die höchste Temperatur Mittel- und Nordeuropas und 18 Grad im
norwegischen Mai war ein bisschen besonders. Richtiges Poolwetter war das bei
uns noch nicht, aber in Norwegen lagen in jedem Park die Leute im Bikini rum.
Kinder in Norwegen muss man gut im Auge behalten, besonders
wenn man ein Haus auf dem Land hat. Überall sind reißende Bäche und
Stromschnellen und Felsbrocken und Lawinen und Erdrutsche und plötzliche
Abhänge. Damit die Norwegerchen trotzdem draußen spielen dürfen, erzählt man
ihnen genau, wo die Trolle leben und die dürfen unter keinen Umständen gestört
werden, da sie gerne kleine Kinder essen.
Der Plan, 30 Länder bereist zu haben, wenn ich 30 werde,
kann ich wohl vergessen. Auf dem Schiff geht das super schnell, viele
verschiedene Länder zu sehen: allein seit meinem Aufstieg auf die Prima letztes
Jahr sind neun neue Länder auf meiner been-there-Liste dazu gekommen. Auf eins
der neuen Länder habe ich mich aber schon besonders gefreut, weil es so was
spezielles sein soll: Island.
Normalerweise hat es mich ja eher in den Süden und ins Warme
gezogen, wenn ich für länger von zu Hause abgehauen bin. Dann bin ich meist
irgendwann heim gekommen und musste mich erstmal an die Kälte gewöhnen. Nach
der Karibik geht es jetzt ja mehr in den Norden, und zwar bis ganz nach oben,
dass es fast nicht mehr nördlicher geht.
Nach der unglaublich unnormal ruhigen Atlantik-Überquerung
ist es mir an den ersten Tagen mit Seegang tatsächlich etwas schlecht gegangen.
Man gewöhnt sich eben schnell an ruhige See. Genau so schnell gewöhnt man sich
aber auch wieder an raue See; jedenfalls versuche ich mir das immer einzureden.
Manchmal ist das Meer schon ziemlich krass. Von einem Tag
auf den anderen sieht es plötzlich komplett anders aus, aber immer ist es
wunderschön. So eine sturmgepeitschte See hat was sehr beruhigendes irgendwie.
Für mich noch mehr als wenn es wie ein Ententeich daliegt. Dann warte ich immer
drauf, dass irgendwas passiert. Aber im Sturm, da ist es einfach nur
beeindruckend.
Ich habs schon mal gesagt: Spitzbergen beeindruckt mich
zutiefst. Eigentlich gibt’s da wirklich nichts spezielles außer dieser
wahnsinnigen Natur, die man ja eigentlich als Kreuzfahrer gar nicht mal richtig
zu Gesicht bekommt. So eine Expedition in den Norden würde mich reizen, aber
dann wiederum denke ich mir „Eigentlich bin ich wirklich nicht für die Kälte
gemacht“.
Auf unserer Route durchs Nordmeer kommen wir an grandiosen
Landschaften vorbei und vor allem an sehr vielfältigen. Island und Norwegen
kann man eigentlich gar nicht vergleichen, außer vielleicht, dass beide Fjorde
haben. Das Hinterland in Norwegen ist grün und saftig, in Island hat man dort
die Gesteinswüsten und Geröllebenen. Spitzbergen ist sowieso ein Thema für
sich.
Egal wie kalt es im Norden auch ist, es geht immer noch
kälter und bisher reichen mir meine vier Hosen auf Ausflug. Und eins gibt es
nicht im Norden: Sonnenuntergang. Lustig, wenn auf unserem Tagesplan im Header
steht: „Sonnenaufgang: ---“ und nächste Zeile „Sonnenuntergang: ---“.
Ach, ich hab ja doch einen der coolsten Chefs der Welt.
Wenns schon vor meiner Heimreise nix mit dem heiß ersehnten Helikopterflug
wird, dann durfte ich doch wenigstens was anderes cooles ausprobieren, was ich
noch nie vorher gemacht hab. Wir sind zurück in Spitzbergen, diesem kleinen
Stückchen Land, was mich irgendwie nicht wieder loslassen will. Diesem kleinen
Stückchen Land, wo man im Winter von einem Ort zum anderen nur mit Schneemobil
oder Hundeschlitten kommt.
Wenn es schon nicht mit dem Hundeschlitten in Spitzbergen
auf den Gletscher ging, dann doch wenigstens einmal in Island aufs Eis. Island
hat glaube ich richtig viel zu bieten, wenn man denn mal länger irgendwo ist
als ein paar Stunden. In Ísafjörđur und an den Westfjorden ist eigentlich nicht
wirklich irgendwas und in Akureyri kann eh nichts den grandiosen
Whalewatching-Ausflug toppen, aber in Reykjavík hätte ich es locker noch zwei
Wochen ausgehalten, ohne mich zu langweilen.