Es muss ja nicht immer gleich die Südsee oder die Karibik
sein, hab ich mir gedacht. Also ging es dieses Mal in nicht ganz so weit
entfernte Gewässer und das neueste Schiff der Flotte, AIDAperla, nahm mich
glänzend und gigantisch im Hafen von Palma de Mallorca in Empfang.
Unser erster Hafen mit den neuen Gästen aus Mallorca ist
Ajaccio auf Korsika. Wie man das ausspricht, ist scheinbar jedem selbst
überlassen. Korsika gehört zu Frankreich, hat aber eine lange italienische
Geschichte und eine eigene Sprache, und Korsisch hört sich für den Laien an wie
Italienisch. Ob also „Adschaxio“ oder „Aiatscho“ ist relativ bums und jeder
macht es, wie es sich für ihn am besten anhört.
Kreuzfahrt ist Urlaub. Vielleicht nicht jedermanns Urlaub,
aber doch definitiv recht weit oben auf der Liste der Urlaubspläne von Otto
Normalverbraucher. Jedes Jahr gehen um die zwei Millionen Deutsche auf
Kreuzfahrt, davon knapp die Hälfte auf ein Schiff der AIDA-Flotte. Da muss man
sich ja schon fast anschließen, um als Touristiker mitreden zu können. Also
habe ich mich letztes Jahr beschlossen, auch mal wieder Urlaub zu machen. Das
ganze Jahr. Und auch noch dafür bezahlt zu werden. Traumjob schlechthin.
Ich bin ja nicht so der Fan vom Besichtigen von Großstädten
in einem Tag, aber auf der Mittelmeer-Route wimmelt es nur so vor Großstädten
und wir haben eine Menge Ausflüge dahin im Programm. Ganz oben auf der Liste
der „Must-Sees“ steht für die meisten unserer Gäste natürlich Rom.
Üblicherweise gehen um die 3.000 Gäste von Bord in Civitavecchia, davon 2.000
auf Ausflug und hundert davon irgendwo hin, wo nicht Rom ist.
Manchmal ist es ja doch ganz cool, sich Seefahrer schimpfen
zu lassen. Wobei wir in Seefahrerkreisen ja eigentlich nur belächelt werden:
Kreuzfahrer. Das ist dann doch noch mal was anderes, denn wir leben ja doch
sehr im Luxus, wenn man unsere Schiffchen mit einem Tanker oder Fischerboot
oder Lastschiff vergleicht. Das kann tatsächlich nicht immer so spaßig sein und
ich freue mich sehr, dass ich stattdessen ein Luxus-Seebärchen geworden bin.
Ohne die ganzen Kinder an Bord würde man meinen, wir hätten
gar nix mehr zu tun. Leider stimmt das nicht so, denn unsere Route hat sich
leicht geändert und damit kamen ganz neue Stressdimensionen auf uns zu. Korsika
im Herbst ist toll, wenn sich alles herbstlich bunt färbt (vor allem nachdem es
jetzt wieder so viel geregnet hatte), aber den Wind werden wir nicht vermissen
und wir wissen ziemlich genau, wieso wir Ajaccio nicht mehr anfahren.
Ich zähle weiter fleißig die Tage bis zur lang ersehnten
Heimreise – im Moment hängen am Abreißkalender noch 23 Schokobons und am
Abstreichkalender sind noch 23 Tage frei, also ist ein Ende in Sicht. Ich war
nie ein allzu großer Heimwehler, aber auf dieser Route ziehen sich die Tage und
Wochen irgendwie ewig hin. Jeden Freitag ist Abteilungsmeeting und irgendjemand
sagt jedes Mal „Oh Mann, schon wieder eine Woche rum!“ und jedes Mal denke ich
mir „Oh Gott, erst eine Woche rum!“
Chefin Sandra hat was tolles organisiert für uns. Erst waren
wir zum Wochenmeeting einberufen worden in die Kabine 8139, was uns schonmal
alle sehr verwirrt hat. Aber Sandra meinte, wir sollten auch mal wissen, wie
unsere Gäste eigentlich so wohnen an Bord. Und dann ging es tatsächlich noch
weiter den Deck-8-Gang entlang in eine Junior Suite. Die haben da ein Bad mit
Wanne und einen separaten Wohnbereich und einen Balkon, der allein doppelt so
groß ist wie unsere Crewkabinen.
Wer hätte das gedacht: Zehn mal Rom in siebzehn Wochen und
ich habe es tatsächlich einmal in den Petersdom geschafft! Der letzte Wunsch
auf unserer Ausflugsliste und endlich hat es noch geklappt. Auf die Kuppel wäre
ich ja sehr gerne noch gegangen, aber den Ausflug konnten wir nicht mehr
anbieten, nachdem auch dort wie überall zum Ende der Sommersaison hin
angefangen wird zu bauen und zu renovieren. Aber man braucht ja schließlich
auch noch einen Grund, nochmal wieder zu kommen.