Einer unserer coolsten Häfen ist gleichzeitig unser anstrengendster: In Cozumel machen wir mitten in der Stadt fest und können direkt ins Zentrum laufen und nach unseren Ausflügen mittags noch ein bisschen bummeln, bevor wir zurück an Bord zum Schalter müssen. Cozumel ist aber auch gleichzeitig eine Insel und die beliebtesten Ausflüge finden am Festland statt. Und sagen wir es mal so: das Frühstück überlebt bei etwa der Hälfte unserer Gäste die Fährüberfahrt nicht.
Die Fähre braucht eine Dreiviertelstunde von San Miguel de Cozumel nach Playa del Carmen am Festland. Es sind gut klimatisierte Boote, die uns rüber bringen, aber irgendwas hat diese Passage da an sich, dass sie unglaublich wackeln und nach spätestens 30 Minuten alle nur noch wie ein Schluck Wasser in der Kurve in ihren Sitzen hängen. Bisher war die einzige richtig entspannte Überfahrt am Tag meiner Anreise und darüber bin ich im Nachhinein unglaublich glücklich. Noch nicht mal angekommen auf dem Schiff nach drei Monaten festen Bodens unter den Füßen und dann gleich sowas…nein danke. Für zwei Ausflüge musste ich seither rüber an Land (wir kommen ja glücklicherweise nur alle zwei Wochen) und das letzte Mal war schon grenzwertig. Auf der Hinfahrt Richtung Festland hüpfen wir Scouties erstmal 20 Minuten wie betrunken durch die Gegend und verteilen Reisepillen (wir haben ja den starken Verdacht auf Plazebos, aber wenns trotzdem hilft…) und nebenher hüpft die Fährcrew und verteilt Spucktüten und Mülleimer, für alle, denen es zu spät ist oder die was zum Festhalten brauchen.
Die Rückfahrten sind immer gemütlicher für uns, weil alle Gäste schon vor dem Boarding so eine Panik schieben, dass sie schon vor dem Boarding nach einer Pille fragen und wir dann ganz entspannt im Boot sitzen und einen auf taffe Mädels machen können. Denn egal, wie oft wir gefragt werden, ob wir eine Tüte möchten: wir sind Seefahrer und so ein kleines bisschen Seegang kann uns doch nix anhaben. Jedenfalls so lange wir sitzen bleiben und nicht wieder zwischen den Gästen rumhüpfen müssen. Bisher ist aber bei meinen Kollegen und mir immer kein Unglück passiert und wir wurden bei Ankunft von allen gefeiert.
Für den Stress am frühen Morgen (die erste Fähre geht auch noch im Dunkeln um kurz nach Sechs) werden wir aber meist in Form von geilen Ausflügen entschädigt, denn Mexiko hat einiges zu bieten. Oder jedenfalls die kleine Ecke Mexikos, die wir anfahren. Das gehört alles zu Yucatán, der Halbinsel, auf der auch Belize und der Norden Guatemalas liegen. So richtig was von Land und Leuten sehen wir zwar nicht, denn dazu sind wir einfach zu nah an der Küste und zu viel in den Touristengebieten unterwegs. Alles, was an dem riesigen Highway von Cancún aus in den Süden liegt, ist Touristenrevier – was traditionelles sieht man nicht, bis man die Eingangstore der Attraktionen hinter sich gelassen hat. Was die Mexikaner wirklich gut zu können scheinen, ist, den Amis nachzueifern wenn es um Vergnügungs-, Freizeit- und Wasserparks geht. Nur machen die das sehr viel toller.
Einen Tag durfte ich mit Scout-Kollegin Vanessa in Xel-Há verbringen, dem Mündungsgebiet eines blauen Flusses, das ausgebaut wurde, um den Touristen zu gefallen. Da setzt man sich in einen aufblasbaren Sessel und lässt sich ganz gemütlich den Fluss runter in die Lagune treiben und wenn man nicht rechtzeitig aus der Lagune paddelt, kommt man irgendwann in der Bucht raus und danach kommt die offene Karibische See. Sonne, kristallklares Wasser und nette Gesellschaft – besser geht’s eigentlich kaum. Und dabei nicht das Zugeklotze mit Plastik überall, wie die Amis das so gut können, sondern alles möglichst naturgetreu mit viel Holz und Bambus und Hängematten in den Bäumen und an jeder Ecke ein wilder Leguan. Zwei hab ich sogar kämpfen sehen, solange, bis einer den anderen ins Delfinbecken geworfen hat. Das ist nicht weiter schlimm, denn Leguane können schwimmen und das Wasser ist warm genug, dass sie nicht sofort ihre Körperwärme verlieren und ganz steif werden und untergehen.
So ein Tag am und im Wasser ist schon ganz nett, vor allem ohne lästigen Sand in den Haaren und Salz in den Ohren. An Seetagen haben wir meist auch ein bisschen Mittagspäuschen, dass wir uns ein-zwei Stündchen an den Pool oder in die Sonne pflanzen können, schließlich gehört die gesunde Bräune zu unserer Uniform. Auf unserem Sonnendeck auf Deck 6 ganz vorne liegt es sich echt entspannt und meist ist die Mittagspoolsession eine fast reine Shore-Ops-Angelegenheit mit nur Bikern und Tauchern und Scouties, die überall rumfläzen. Der kleine Pool bietet genug Abkühlung für zwischendurch und ein paar lustige Geschichten. Üblicherweise werden neue Kollegen im Erstvertrag ein bisschen an der Nase rumgeführt und so wird eben auf der Luna verklickert, dass das Blubbern im Pool 50 Cent kostet. Wenn dann irgendwer in die Messe kommt und sich beschwert, dass er den Schlitz gar nicht gefunden hat fürs Blubbern, und am Nachbartisch einer vor Lachen zusammenbricht, weiß man Bescheid…
Wenn wir nicht in Cozumel sind, sind wir in Costa Maya. Das ist der zweite Hafen, den wir in meiner Luna-Zeit aber nur einmal angefahren sind. Costa Maya ist südlicher als Cozumel, somit näher an Belize und mit einer längeren Liegezeit verbunden. Der Hafen ist gigantisch und das, obwohl da eigentlich gar keine Stadt ist. Das ist einfach ein Stück Land, wo ein Kreuzfahrthafen aus dem Boden gestampft wurde mit möglichst allen Annehmlichkeiten, die Otto Normal-Kreuzfahrer eben so braucht. Die perfekte Stadt sozusagen. Wahnsinn, ich sags euch! Perfekt organisiert, was die Ausflüge angeht, weil schon von vornherein genug Platz für Passagiere von drei Ozeanriesen eingeplant wurde. Genug Restaurants, Bars, Geschäfte, dass sich keiner auf die Füße tritt, genug Shows und Entertainment, dass eigentlich keiner abends gelangweilt zurück kommen kann. Mit Taucher-Andi und Foto-Katharina war ich draußen zum Nachos essen, direkt an der Wasserkante mit Blick auf unseren Kussmund. Danach mit Biker-Thomas bummeln und shoppen…was ein Leben.
Die Ausflüge sind natürlich auch ganz cool und es ist in Mexiko nicht alles Schlemmen und Planschen. Das coole an unseren Festlandhäfen in Mexiko und Belize ist die Nähe zu richtig alter Kultur, die es einfach auf den Inseln nicht mehr gibt. Ich durfte nach Chacchoben zu den Mayatempeln und das ist schon was besonderes, wenn man zu sowas mal hinkann. Die Maya waren superschlau und haben diesen krassen Kalender entwickelt, der ja heute noch fast auf den Tag genau aufgeht. Die Tempel sind auch beeindruckend, denn meist wurden die nicht einfach erweitert, sondern wenn ein neuer Herrscher an die Macht kam, hat er einfach einen neuen Tempel über den alten gebaut, also wie eine Art zweite Haut drüber gestülpt. So sind das heute teilweise vier oder fünf Schichten Wand untereinander, bis man zur eigentlichen Grabkammer kommt und teilweise war der Zugang nur über die lange Außentreppe von oben möglich.
Tulum ist da ganz anders. Zwar auch Maya, aber nicht irgendwo im Urwald versteckte Grabanlagen und Tempel sondern eine richtige Stadt. Gigantische Ausmaße, von denen wir als Touris nur einen kleinen Teil zu Gesicht bekommen, aber nichtsdestotrotz echt interessant zu sehen. Tulum ist direkt am Meer gebaut und war eine Handelsstadt, die über die Karibik Handel mit benachbarten Stämmen und Völkern betrieben hat. Und direkt unter den Resten der Befestigungsmauer auch noch ein Strand, bei dem einem fast die Augen aus dem Kopf fallen...
Belize ist die zweite Möglichkeit, alte Mayastätten zu besuchen. Die größte Anlage ist Lamanai, wo es mit dem Schnellboot den New Belize River rauf hingeht – zwar nicht annähernd so wildlife-reich wie der Old Belize River vor ein paar Wochen, aber in Lamanai angekommen kamen wir voll auf unsere Kosten: begrüßt vom Gebrüll der Brüllaffen (klang eher wie ein heiserer Löwe, wenn ihr mich fragt) und keine drei Minuten auf unserem Rundgang kommt ein Nasenbär über den Weg geschnüffelt. Und die Tempel in Lamanai, das ist nochmal ein ganz anderes Kaliber als Chacchoben oder Tulum! 30 Meter hoch ist der höchste von ihnen und von oben hat man eine Aussicht über das platte Land kilometerweit im Umkreis. Der Jaguar-Tempel wurde zu Ehren des Sonnengottes gebaut, denn man glaubte, dass die Sonne abends auf die Erde fällt und sich dort in den Jaguar verwandelt, das majestätischste der Regenwald-Tiere. Der läuft dann die ganze Nacht auf die andere Seite der Erde, verwandelt sich zurück in die Sonne und sie geht am Morgen wieder im Osten auf, obwohl sie abends im Westen war. Zwei gigantische Jaguar-Gesichter schmücken die Front des Tempels heute noch.
Und dann die Masken! Zwei bis drei Meter hohe Gesichter in den Stein gehauen, richtig beeindruckend. Bevor ich in Mexiko Chichen Itzá, die größte und wichtigste Tempelanlage in Mittelamerika, gesehen habe, muss ich sagen, dass Belize mich bisher einfach umhaut mit seiner Natur und Schönheit und Architektur und Freundlichkeit. Ich bin echt begeistert von diesem Fleckchen Erde (dafür, dass ich immer dachte, es wäre in Afrika…)
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Flo (Freitag, 24 März 2017 18:41)
Diese Bilder begeistern mich noch mehr als blauer Ozean und Sonnenuntergänge. Muss sich grandios anfühlen, durch die Überreste einer solch weit entwickelten Kultur zu gehen.