Das große Fressen

Na, ich weiß ja nicht, ob dieser Job wirklich so gut für die Figur ist. Zwar laufe ich am durchschnittlichen Ausflugstag meine 25.000 Schritte mit unzähligen Stufen dazwischen, aber irgendwie ist das Essen hier zu gut. Dreimal am Tag gibt’s Essen in der Crewmesse so viel man will.

Frühstücksaussicht auf Le Havre
Frühstücksaussicht auf Le Havre

Donnerstag und Sonntag haben wir besonders gern: da gibt es Kaffee und Kuchen am Nachmittag und Eis nach dem Mittagessen. Und wenn es schon mal Eis gibt, dann muss man auch Eis essen. Für alle Kollegen, die spät arbeiten oder Nachtschicht haben oder einfach nach der Crew-Party noch ein Hüngerchen verspüren, gibt es einen Mitternachtssnack. Meist ist mir das zu spät, wenn am nächsten Morgen früh Ausflüge sind, aber wenn man mal dort ist, ist das immer eine sehr füllende Angelegenheit. Alles, was an Kuchen, süßen Stückchen, Croissants, Torten, … im Gästebereich übrig bleibt und beim Crew-Abendessen nicht wegkam, wird dann nochmal aufgebaut und da kann man noch so sehr mit der Überzeugung „Nur noch ‘ne Tasse Kaba“ reingehen, man muss einfach zugreifen…

 

Winchester Cathedral
Winchester Cathedral

Man kann drei Mal am Tag warm essen, und jedes Mal was anderes. Wir haben viele asiatische Kollegen, also gibt es ein eigenes Büffet mit asiatischen Gerichten. Um die mach ich immer einen großen Bogen; das riecht schon immer so scharf. Aber blanko-Reis gibt es dort zuhauf. So ziemlich das schlimmste, was einem Kreuzfahrtschiff (ohne Seenot) passieren kann, ist, dass der Reis ausgeht. Dann ist die Hölle los und dann hofft der nicht-asiatische Teil der Besatzung fast doch auf Seenot, damit die asiatischen Kollegen den Reis vergessen.
Aber wir sind ja ein deutsches Schiff (auch, wenn die Flagge ja eigentlich italienisch ist), also merkt man im übrigen Büffet doch recht häufig den „Typisch Deutsch“-Geschmack: Schnitzel mit Pommes, Fischstäbchen mit Kartoffelsalat, Germknödel mit Kirschen, … und für die wenigen Südländer unter uns Deutschen gibt es sogar einmal im Monat Semmelknödel und mindestens einmal in der Woche Spätzle mit Zwiebeln oder Käse.

 

Heute ist das Thema "Essen"
Heute ist das Thema "Essen"

Ein bisschen bemerkt man auch unsere Route im Büffet. Einmal pro Woche gibt es Pancakes mit eingelegten Erdbeeren oder mit eingebackenen Äpfeln. Milchreis oder Griesbrei mit Zimtzucker gibt’s auch, das ist fast wie damals daheim, wenns mal warmes Frühstück gab.
Zu jedem Essen gibt’s zwei verschiedene Suppen und ein Salatbüffet. Kalt essen geht natürlich auch. Zu allen Essenszeiten (und dazwischen) gibt’s Brötchen, Brot und Aufstrich, Käse, Wurst, Nutella, Honig, … Und einmal im Monat ist der Tag, auf den alle warten. Manchmal ändert sich was im Ablauf der Galley Operations (Galley ist die Schiffsküche) und dann gibt’s den Tag doppelt im Monat: Make-your-own-Burger-Tag!

 

würde es nicht dauernd regnen, würde sich Rotterdam so richtig gut zum Shoppen eignen
würde es nicht dauernd regnen, würde sich Rotterdam so richtig gut zum Shoppen eignen

Das Nachtisch-Büffet ist immer bunt mit verschiedenen Cremes und Puddings und Blechkuchen. Manchmal gibt’s Mini-Muffins und ab und an Reste von den Torten aus dem Magnum-Laden (da, wo man sein eigenes Magnum-Eis designen kann). Die sind immer extravagant mit viel Schoki und Sahne und Streuseln und Deko. Und was tagsüber nicht bei den Gästen wegkommt, kann nicht am nächsten Tag nochmal angeboten werden, also bekommen wir was ab.
Ganz ganz selten (erst zweimal seit ich hier bin) gabs am Anreisetag samstags was ganz besonderes abends. Da die meisten Gäste über Mittag anreisen und vor unserer Seenotrettungsübung noch Kaffeetrinken und Kuchenessen gehen, gibt es einen riesigen Kuchen (so etwa einen knappen Quadratmeter groß), oder eher Meisterwerk aus Schokoladenguss und bunten Marzipan-Buchstaben, die das AIDA-Logo und die Daten der Reise schreiben. Und manchmal passiert es, dass jemand in der Galley ausversehen „17.08.“ statt „17.09.“ schreibt und bums ist der Kuchen versaut und er ist nur noch für die Crew geeignet. So was blödes aber auch… ;)

 

Nordseeromantik
Nordseeromantik

Manchmal gehen wir nicht mittagessen, nämlich wenn wir auf Ausflug sind. Normalerweise bekommen wir eine Verpflegungspauschale, wenn wir den ganzen Tag unterwegs sind. Wenn wir zu spät vom Ausflug kommen und das Mittagessen in der Messe verpassen, dürfen wir auch oben im Gästebereich mittagessen. Dann geht’s hoch auf Deck 14 ins Familienrestaurant, wo es eigentlich das gleiche Essen gibt wie bei uns, aber zusätzlich noch Spaghetti und Mini-Schnitzel und Pizza und das alles auf einem Büffet, für das man sich als ausgewachsener Mensch fast bücken muss.

maritimes Kochschulen-Frühstück
maritimes Kochschulen-Frühstück

Und dann gibt es ja noch die Ausflüge, bei denen Mittagessen mit dabei ist. Das schickste Mittagessen gibt es immer in Frankreich. Bei einem unserer Paris-Ausflüge gibt es Mittagessen auf einem Seine-Boot mit schicker Aussicht und mit etwas Glück sehr charmanter Begleitung durch einen der TVler und seine Kamera. Beim Ausflug zu Claude Monets Haus gibt es sehr normannisches Mittagessen in einer alten Mühle. Ente vom Knochen war zwar nicht so meins, aber allein das Ambiente macht schon satt.
In Southampton gibt es einen super-exklusiven Ausflug, den es nicht mal jede Woche gibt. Der Kapitän muss den nämlich jede Woche extra genehmigen: die Besichtigung der Brücke! Das ist richtig cool und was extrem besonderes, denn das Kontrollzentrum ist natürlich Hochsicherheitsbereich und da darf nicht jeder hin. Und wir haben einen Ausflug dahin! Das ganze ist in Verbindung mit einem richtig leckeren Seefahrer-Frühstück in unserer bordeigenen Kochschule und dann noch Stadtspaziergang „auf den Spuren der Titanic“ durch Southampton.

 

die favorite Security-Crew und Scout Tina und Biker Thommy
die favorite Security-Crew und Scout Tina und Biker Thommy

Besonders ess- und feierfreudig sind unsere Securitys. Die organisieren dann die Karaoke-Maschine und der ganze Crew-Außenbereich auf Deck 5 steht voll mit Fingerfood und frischem Bier aus dem Brauhaus und seeehr vielen tollen Kollegen. Die Phillies sind ein nettes Völkchen und wenn man sie erstmal auseinander halten kann, ist das immer super mit denen. Wir sehen die ja an jedem Ausflugstag, weil wir immer mit mehreren Ausflügen bei ihnen vorbeirennen. Sie kennen uns als spätestens am zweiten Tag mit Namen und Geburtstag und Kabinennummer, und entsprechend werden wir regelmäßig eingeladen zur Security-Party. Dann wird man natürlich auch gezwungen, mitzuschlemmen, sonst gilt das als unhöflich.

 

Verhungern tut hier also keiner. Außer ich vermutlich im nächsten Vertrag. Habe gehört, dass es auf den kleineren Schiffen nur Brötchen und Aufstrich in der Messe gibt und dann eine Klappe in der Wand und da kommt entweder Menü Nummer 1 oder Menü Nummer 2 raus. Da wird man wohl nicht so verwöhnt wie wir hier. Allerdings weiß ich auch, dass man Neulinge üblicherweise ein bisschen an der Nase herumführt…also wer weiß…

 

 

 

 


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