Über den Wolken

Nach etwa 10 Stunden in der Luft bin ich erstaunlich fertig mit der Welt. Ich bin ja mehr gewöhnt, aber insgesamt war ich jetzt mehr als 36 Stunden unterwegs ohne Frischluft und der Jetlag war gestern schon ziemlich krass spürbar.

wie passend...die "Townsville"
wie passend...die "Townsville"

Morgens früh gings in Townsville los – nachdem Matze und Andi extra aufgeblieben waren um sich abends zu verabschieden und Rüdiger, Manuel und Magnus sowieso so früh zur Arbeit los mussten und ich noch tschüss sagen konnte. Der Flieger nach Brisbane hieß „Townsville“ und wir bekamen für die knapp 2 Stunden Flug sogar einen riesigen leckeren Cookie! Von Brisbane gings nach Sydney, der Flug war ganz cool, da hab ich eine nette ältere Dame neben mir gehabt, die mir von den Cookinseln erzählt hat. Und zu essen gabs sehr britisch einen Scone mit Clotted Creme und roter Marmelade, so zäh, dass ich fast die ganzen zweieinhalb Stunden dran geknabbert hab :D
Der Chef der Cabin Crew war höchst verwirrt und sagte zu Beginn „Ladies and Gentlemen, welcome on board our flight to Brisb—uuuh where are we going again? Oh Sydney!“ und beim Landen in Sydney war noch irgendwas am Gate und er musste anhalten. Dann kam die Durchsage „Ladies and Gentlemen, we have to stop now.“ Erst einige Momente später “uuh yes we have to stop because there is something going on. Uuh at the gate.” Bestimmt hatte er Recht.

wo zur Hölle kommt nur so viel Gepäck her? (Aber wenigstens ist mein Kissen tarnfarben vor dieser Säule, deswegen zählt es nicht)
wo zur Hölle kommt nur so viel Gepäck her? (Aber wenigstens ist mein Kissen tarnfarben vor dieser Säule, deswegen zählt es nicht)

Die vier Stunden nach Auckland gingen mit onboard-Unterhaltung durch Ice Age 4 und Madagaskar 3 recht schnell und um Mitternacht war ich dann endlich in Auckland und mein Koffer war auch schon angekommen. Die Qantas-Frau in Townsville hatte ganz lieb erlaubt, dass ich 2 Handgepäckstücke mit rein nehmen darf (also eine Coles-Tasche, meinen Boardcase, meine Handtasche und mein Kissen) und sagte bei den 24,5 Kilo Gewicht nur „No worries darl‘, imma pretend that fella only weighs 23, hey?“ Leichte Panik vor dem Neueinchecken in Auckland hatte ich dann schon, aber es kam alles ganz anders. Auf dem Immigrationzettel hatte ich alles Essen angegeben, das ich im Koffer hatte. Normalerweise war das nie ein Problem, wenn alles in der Originalverpackung ist. Dieses Mal gab es da irgendwas zu meckern und ich musste meinen zum Zerbersten vollgestopften Koffer nochmal aufmachen.

Nachts nix los am Terminal
Nachts nix los am Terminal

Natürlich fand ich nicht, was ich suchte und so hat mir der nette Officer mein komplettes Packsystem zerpflückt. War dann aber doch alles in Ordnung und glücklicherweise hatte ich mir noch für acht Dollar einen Rucksack gekauft, dann konnte ich schnell alles irgendwo unterbringen und erstmal aus dieser Immigration Area raus. Ich hatte gute zehn Stunden zu killen und anderthalb davon hab ich dann erstmal auf dem Boden der Eingangshalle verbracht, alle meine Besitztümer um mich herum verteilt und komplett neu gepackt. Und siehe da – beim Einchecken brachte der Koffer nur noch 22,7 Kilo auf die Waage! Nachdem der New Zealand Air-Mensch überzeugt war, dass in meinem Boardcase nicht viel mehr als ein 9kg schwerer Laptop sei, durfte ich trotz Verbot eines zweiten Handgepäckstücks auch meinen 5,2kg schweren Rucksack mit reinnehmen. Ich werde echt gut dadrin :D

 

na, wenn das nicht nach einer gemütlichen Nacht schreit...
na, wenn das nicht nach einer gemütlichen Nacht schreit...

Am Flughafen schlafen zu wollen ist die dümmste Idee, die man überhaupt haben kann; jedenfalls, wenn man noch in der Eingangshalle ist und keinen bequemen Sessel im Terminal hat um es sich bequem zu machen. Bis 4 Uhr morgens musste ich zusammengewurschtelt mit den Beinen auf meinem Trolley versuchen, wenigstens ein bisschen Schlaf abzubekommen, gab dann aber irgendwann auf und schaute Filme. Eingecheckt, dann wieder durch ewiglange Durchleuchtungsschlangen und bei jeder einzelnen (die in Townsville mit eingeschlossen) wurde ich nach dem Durchleuchten herausgenommen und wurden nochmal gesondert auf Sprengstoff untersucht. Wenigstens musste ich nicht in einen Ganzkörperscanner, das Ding sah sehr dubios aus. Aber wenn man sich weigert, kann man 24 Stunden lang die Einreise verweigert bekommen.

Sowas hör ich gern
Sowas hör ich gern

Mehrere Stunden ging es nach Tahiti und endlich, endlich konnte ich ein bisschen schlafen. Ich hatte extra einen Fensterplatz bekommen, damit ich das geile hellblaue Wasser mit den vielen Atollen aus dem Flugzeug sehen kann, aber nix wars. Einheitsgrau soweit das Auge reichte und nur die Landung war spektakulär. Mit unserem Riesenflieger flog er sooo knapp überm Wasser, dass überall im Flugzeug Kinder anfingen zu kreischen. Dann ging es aber ganz sanft übers Land und eine Minute später waren wir ohne was zu spüren unten. Unten im strömenden Regen. Der International Airport Pape’ete (sprich Englisch: Papiidi/französisch: Papätt) verfügt über keine sichtbaren Brücken, sodass wir aus dem gigantischen Flugzeug etwa 50 Meter übers Rollfeld sprinten mussten, um ins Terminal zu kommen. Klitschnass wurden wir dann direkt von einer traditionellen Tänzerin und zwei Männern mit Ukulelenmusik begrüßt. Hier war es völlig wurscht, was ich in meinem Koffer hatte, ich wurde sofort durchgewunken. Wahrscheinlich sah ich so unschuldig aus mit meinen zerwuschelten Haaren, Pulli, Shorts und riesen Tretern, aus denen bei jedem Schritt das Regenwasser rausquietschte.

Rollfeld in Pape'ete
Rollfeld in Pape'ete

Die Ankunftshalle ist total süß mit Holz und sehr traditionell pazifischem Stil und die Vorderseite hat keine Wand also steht man sofort in der krassen Schwüle, schwitzt wie blöd und weiß gar nicht, was man jetzt eigentlich machen soll. Nirgends ein Schild mit meinem Namen drauf oder so, also hab ich mich erstmal auf die Suche nach dem Telefon gemacht, von dem man, wie mir gesagt wurde, kostenlos einheimische Nummern anrufen kann. Nach mehrfachem Fragen erklärte man mir in gebrochenem Englisch, so was gäbe es hier nicht. Gut, dass ich in Auckland schon Geld getauscht hatte und mir jetzt für eintausend Öcken eine Telefonkarte kaufen konnte. Entgegen der Meinung fast aller, denen ich erzählte, wo es mich als nächstes hinzieht, gibt es hier nicht den Euro. Französisch Polynesien ist nämlich kein Overseas Département von Frankreich, sondern nur in einer offenen politischen was-auch-immer. Deswegen gibt es ähnlich dem früheren französischen Franc hier den Franc Polynésienne oder so, der Kurs ist ziemlich einfach: 100 Franc entsprechen einem Euro. Dran gewöhnen muss man sich trotzdem, dass man für einen Schokoriegel hier mehrere Hundert Franc blechen muss.

Aussicht von Vateas Häuschen
Aussicht von Vateas Häuschen

Jedenfalls habe ich es dann doch irgendwie geschafft Vatea anzurufen, bei dem ich vorhatte, zu couchsurfen. Der hatte Besuch, aber konnte mich dann trotzdem vom Flughafen abholen und ich lernte gleich sechs eingeborene Tahitianer kennen, Namen waren ziemlich egal, mir wurden sie als „die Lehrer“ vorgestellt, weil die alle an einer Schule auf der Insel arbeiten. Natürlich mussten sie alle typisch mit Küsschen, Küsschen begrüßt werden :)
Vatea ist ein superlieber Kerl mit einem superschönen Haus, das am Hang liegt. Mein Zimmer ist eine ehemalige Garage draußen auf dem Hof. Ist mir aber ganz lieb, denn da kommen die vier Katzen nicht hin. Allerdings muss ich immer aufpassen, dass ich meine Tür schließe und meine Schuhe nicht draußen lasse, denn die zwei Hunde lieben mich und scharwenzeln dauernd um mich rum. Der eine ist wie eine große Schmusekatze – gerade wo ich das schreibe, steht er mit den Vorderpfoten auf meinem Schoß, macht alles dreckig und schaut fasziniert auf meinen Bildschirm während ich ihn mit der freien Hand durchknuddel.

Empfangskommittee Calli und Choupinet
Empfangskommittee Calli und Choupinet

Vom üblen Gewittersturm heut Nacht habe ich nix mitbekommen, der Jetlag hat mich dann doch um sieben abends dahingerafft und die Stöpsel im Ohr tun immer wieder wahre Wunder. Zum Frühstück gab es ganz traditionell (aber nur als Frühstück gegessen wenn man einen Kater hat, wie Vatea heut früh) Poisson Cru à la Tahitienne, rohen Fischsalat. Heut früh waren wir in der Stadt und haben an der Tankstelle einen Zweikilo-Block Thunfisch geholt, den hat Vatea dann in kleine Würfel geschnitten, ein paar Minuten in Wasser eingelegt mit entweder Zucker oder Salz; das hab ich nicht genau gesehen, es war jedenfalls was weißes pulveriges, ich glaube, eher Zucker. Dann abgeschüttet, Zwiebelstreifen und Tomatenwürfel dazu, dann Kokosmilch und Zitronensaft drauf, fertig. So wirklich geschmeckt hats mir nicht, aber ganz eklig wars auch nicht. Zum Frühstück allerdings wirklich nix für mich – vor allem essen die Einheimischen alles durcheinander. Vatea und die Freundin, die noch hier war, hatten den Fisch, ein Stück Marmeladenbaguette, Wurst und ein Schokocroissant auf ihrem Teller. Das ist schon fast so wie Peanutbutter auf Blutwurst.

fühle mich doch leicht beobachtet
fühle mich doch leicht beobachtet

Eigentlich wollte mir Vatea, der übrigens ein ziemlich gutes Englisch hat (liegt dran, dass die Tahitianer sehr früh Englisch lernen und sich sehr zu den USA und zu Neuseeland verbunden fühlen bezüglich Geschäftsleben), heute Nachmittag die Stadt zeigen, aber jetzt regnet es ihm zu sehr und wir haben stattdessen einen guten Film geschaut, auf Französisch mit deutschen Untertiteln ;)
Ich finde den Regen ja wirklich mal erfrischend, es ist zwar trotzdem sehr warm draußen (kurze-Hose-und-Trägertop-Wetter), aber es ist nicht so unerträglich schwül wie in Townsville zuletzt. Allerdings regnet es hier wohl schon seit zweieinhalb Wochen praktisch ununterbrochen – pro Tag gibt es höchstens 1-2 Stunden ohne dass es nass von oben kommt. Ich finds super, vor allem ist hier alles sehr grün und nicht so ausgetrocknet. So hätte es in Queensland auch schon seit mindestens einem Monat sein sollen.

 

Jetzt sind die zwei andern wieder ins Bett (Vatea sagt „wenn man Ferien hat und müde ist, muss man halt wieder ins Bett!“ wahre Worte…). Ich hab den Film noch fertig geschaut, übrigens ziemlich guter Film „Killing Dogs“, aber höchst deprimierend mit Thema 1992er Völkermord in Ruanda.
Jetzt sitze ich draußen auf der überdachten Terrasse, vor mir der Pool und Aussicht (allerdings gibt es heute kein Meer zu sehen, das wurde vom Regen geschluckt), rechts der kleine Pavillon im tahitianischen Stil mit Bambusmöbeln und Hund und Katze schmusend schlafend zu meinen Füßen. Was ein Leben! Ich berichte weiter, wenn mir danach ist…Habe jetzt übrigens mindestens 2 Tage lang gutes Internet, wer also mal mailen will, bittesehr :)


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