Peppered much

Weil in den letzten Tagen außer endlich hinter-mich-gebrachter Präsi für den unverständlichen Franzosen nicht wirklich viel passiert ist, gibt es heute mal ein paar Geschichtchen von der Arbeit.

Insgesamt gleich mal vorneweg: bei Michels zu arbeiten macht außerordentlich Spaß. Natürlich gibt es immer den einen oder anderen Tag, wo ich nur hoffe, der Abend möge schnell rumgehen – das ist ja normal. Aber meistens ist es doch die richtige Mischung aus netten Leuten, wehen Armen und geballtem Stress, dass das Arbeiten wie von selbst läuft.
Jetzt, wo ich auch von ziemlich allem auf der Karte weiß, was es eigentlich ist, und erkenne, was ich vor mir habe, ist das alles kein Problem mehr.

 

Inzwischen haben sich alle an mich gewöhnt. Zu Beginn gab es besonders eine, die mich nicht so mochte, aber das lag wohl nicht an mir. Sie hatte wohl schon immer Probleme damit, den „Neuen“ näher zu kommen. Kann ich verstehen, wenn dauernd welche gehen und wieder neue kommen, will man vielleicht auch nicht allzu dicke mit irgendwem werden.

 

Aber inzwischen ist auch Hayley sehr lieb zu mir, gibt mir immer gute Tipps und lässt sich bereitwillig helfen wenn ich grade Zeit habe (das war zu Anfang anders…). Mit Abby an der Bar verstehe ich mich auch immer noch super, aber ich bin jetzt meist fürs Essen-Rausbringen zuständig oder bekomme meinen eigenen Zuständigkeitsbereich, sodass ich nicht mehr viel an der Bar rumhängen kann. Jake ist jetzt öfters mit hinter der Bar, brabbelt immer noch gern seine kauderwelschigen deutschen Wörter vor sich hin wenn ich in der Nähe bin und benutzt ein gewisses Wort mit F für meinen Geschmack viel zu häufig. Aber man gewöhnt sich an alles ;)

 

Mit den beiden lässt sich super über die Gäste lästern, denn es gibt schon komische Vögel, die bei uns ein- und ausfliegen. Vor ein paar Wochen hat der Inhaber eines Frisörsalons in der Stadt mit 15 Gästinnen bei uns seinen Geburtstag gefeiert. Offenbar wurden die alle von ihm frisiert und eingekleidet – über die Haare der einen konnte man kaum drüberschauen wenn sie saß und ich stand. Er selbst ist auf einer Seite kurzgeschoren, während von der anderen 30cm-lange Extensions über den Kopf wehen. Höchst amüsanter Anblick.
Dann gibt es diese Familie, die jeden Samstag zum Abendessen kommt. Zwei relativ normale Kinder und eine Mutter, die mit 50 so tut als wäre sie 20, Barbie-Maße hat und kaum verständlich reden kann durch ziemlich unechte Lippen. Die bestellen immer fünf Hauptspeisen plus Beilagen und teilen alles untereinander. Ich sage euch, dieser Tisch ist immer der schlimmste zum Abräumen! Die Tage haben sie Geburtstag gefeiert, also das ganze in dreifacher Größe…

 

Chefin Carly lässt immer den Big Boss raushängen, aber in letzter Zeit kriegt sie es nicht so auf die Reihe. Letztens war ich als Trish im Plan eingetragen und Trish war gar nicht da. Dann sagt sie mir einen Tag, wir müssen besonders hart schaffen, weil Emily krank ist – und einen Moment später kommt Emily durch die Tür. Dann kommt Carly zu mir, drückt mir ein Tablett in die Hand und fragt „Can you please take that Tanja with you?“ Und ich meinte, „na klar, ich hab mich immer gern in meiner Nähe wenn ich irgendwohin gehe.“
Leider musste Carly unsere Stunden kürzen, weil zur Zeit alle Gäste immer gleichzeitig kommen, also um sieben ihr Essen haben und um zehn wieder verschwinden. Also Arbeit wie sonst aber in 3-4 Stunden gequetscht; mehr Stress, weniger Bezahlung und vor allem weniger Trinkgeld weil das Essen eben länger dauert wenn alle gleichzeitig ihre Ente wollen.

 

Mit den Köchen verstehe ich mich überaus gut. Eine ganz neue Erfahrung, denn bisher waren für mich Küche und Service immer klar getrennt. Weil wir aber eine halboffene Küche haben, sind Craig und Jason (übrigens auch Inhaber des Restaurants), Max und Braidon immer vorne und kochen, dass man zuschauen kann. Was außer mir eigentlich nie jemand tut. Aber wenn ich eh schon da rumstehe und aufs Essen warte…
Jason begrüßt mich jeden Abend mit einem perfekt deutsch-ausgesprochenen „Oh ja!“ (Betonung ganz hinten, also echt amüsant). Außerdem hat Jason eine kleine Glocke zum draufhauen, wenn das Essen fertig ist. Die betätigt er auch, wenn ich direkt vor ihm stehe und schon auf den Bon warte. Einmal wollte ich ihm die Glocke zuhalten, dann schrie er in gespielter Verzweiflung mit bösem Blick „Don’t you EVER touch my bell!“ :D

 

Craig ist da etwas ausgeglichener, der nimmt sich zwischendurch auch mal Zeit, nach meinem Wochenende zu fragen. Er hat immer den Überblick, welche Tische grade was tun und wie es weitergeht. Wenn man was schief geht, ist er der erste, der mir versichert, es sei nicht meine Schuld. Außerdem ist er immer auf dem Laufenden, wie weit die Tische mit dem Essen sind. Weil wir mit den Tellern auch immer eine große Pfeffermühle mit an die Tische nehmen und direkt am Tisch das Essen pfeffern, hört man dann schon öfters mal den Satz „Have you peppered them yet?“ Und ja, sowas finde ich lustig, wenn ich bedenke, dass „to pepper“ auch heißen kann, total bescheuert zu sein.

 

Ich glaube, Michel (der Namensgeber) denkt auch, ich wäre leicht peppered. In seinen Augen mache ich alles falsch, aber meist ist es eigentlich seine Schuld, er merkt es nur nicht. Er ist aber wenigstens nicht so oft da, meist nur bei Catering-Anlässen, also kann ich damit leben. Außerdem ist ja noch Max in der Küche – ausnahmsweise kurz für Maxwell – und mit dem komm ich echt gut klar. Zu Beginn hatte er Angst vor mir und meiner „spontanen Fröhlichkeit“, aber inzwischen hat sich das wohl gelegt. Die Tage wollte ich Tschüss sagen und er hörte einfach nicht (ich kann auch nicht einfach in die Küche, da steht abends immer alles unter Spülwasser) und Craig meinte, „don’t worry. He’s deaf and dumb.“ Also brüllte ich „Oi, deaf and dumb!“ und tatsächlich – er hörte! Und grade ist meine größte Anstrengung, ihn zu überreden, mir diverse Küchengeheimnisse zu erzählen.

 

Der absolut witzigste Tag bisher war aber immer noch, als sich einer der Dessertköche mit dem Feuerwerfer-Dings, mit dem die Crème Brûlée gebrûléet wird, in Flammen setzte. Von der Bar aus klang das wie folgt (oder ähnlich): "man, its gettin hot in here" - "yea dude, you're on fire" – "haha good one" – "seriously mate, you're on fire" – "ok it stopped being funny after the first time. ... HOLY CRAP I'M ON FIRE!!"
Es war aber alles nicht so schlimm – nur Abby hat sich den Kopf gestoßen als sie vor Lachen fast umkippte.

 

So, das wars. Ich hoffe, ich langweile euch nicht – aber ihr wusstet ja, auf was ihr euch da einlasst…

 

 

 

 


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