Oase in den Zuckerfeldern

Heut gibt’s mal wieder was schönes zum Lernen und Staunen, was ich auf der Fahrt zurück nach Townsville entdeckt habe. Ganz weit ab von allem, inmitten der gerade geernteten Zuckerrohrfelder liegt 18km vom Bruce Highway der Paronella Park. Schon überall riesig drangeschrieben als „Number One Must-Do in Queensland“ und mit mega tollen Fotos in diversen Broschüren gesehen, habe ich den recht hohen Eintrittspreis in Kauf genommen, weil ich mir das einfach nicht entgehen lassen wollte.

Paronella Park
Paronella Park

Am Eingang heißt es „Paronella Park tells the amazing story of one man with an incredible dream.“ Dieser eine Mann hieß José Paronella und kam im Jahr 1913 von seiner Heimat Katalonien in Spanien nach Australien. Am Mena Creek fand er das gigantische Stück Buschland („Scrub“), wo er später seine 5 Hektar große Anlage baute. Schon immer war es sein Traum, so viel Geld zu verdienen, dass er sich ein Schloss bauen kann. Er hat also immer hart gearbeitet, erst für 11 Jahre in Australien, um dann zurückzukehren, seine Margarita zu heiraten und 1925 mit ihr zusammen wieder nach Down Under auf ihren Honeymoon zu kommen.

Paronella Park
Paronella Park

Kurze Zeit später nahm er einen Großteil seiner Ersparnisse in die Hand und kaufte für 120 britische Pfund das Gelände. Der Guide erzählte uns, das entspricht heutzutage mehreren Millionen, war also ein Heidengeld. Als erstes wurde eine große Treppe („The Giant Staircase“) runter zum Creek gebaut, um Sand nach oben transportieren zu können, um Beton zu gießen. Ein kleines Steinhaus wurde gebaut, damit erstmal das wichtigste gesichert war und dann machte sich José an die Planung seines Schlosses.

 

Das Badhaus, Paronella Park
Das Badhaus, Paronella Park

Weil er ja Geld sparen musste nach den großen Ausgaben, verwendete er wo nur möglich die günstigsten Materialien. Alle architektonischen Gebilde auf dem Gelände wurden also aus selbstgemixtem Beton gegossen, verstärkt statt mit Stahlträgern (oder dem damaligen Äquivalent) mit ausgemusterten Bahngleisen. Der Beton wurde mit Zement und Ton von außen verstärkt; alles per Hand, sodass man heute noch die Unebenheiten sieht, die die Finger hinterlassen haben. Schon 1935 war das gesamte Vorhaben vollendet, und zwar nicht nur als Privatschlösschen sondern als Park und Entertainment Center für die Öffentlichkeit.

Paronella Park
Paronella Park

Ein Theatersaal wurde eröffnet, wo jeden Samstag ein Film lief. Ohne die flexible Bestuhlung konnte der Saal als perfekte Location für Partys und Bälle genutzt werden. Sogar eine frühe Diskokugel hing von der Decke; eine riesige drehbare Kugel mit fast 1300 kleinen Spiegelplatten, die aus den Ecken in Rot und Blau angestrahlt wurde.
Ein kleines Museum zeigte Josés Münz-, Waffen- und Puppensammlungen. Es gab ein kleines Café, wo in der angeschlossenen Küche immer Kleinigkeiten und Erfrischungen angeboten wurden. José merkte, dass viele Besucher Leute waren, die durch Zufall vorbeikamen, sodass er bald beschloss, eine Benzinpumpe zu installieren und machte einen Haufen Geld mit seiner Mini-Tankstelle.

direkt am Creek
direkt am Creek

Obendrein gab es zur Belustigung der ganzen Familie zwei Tennisplätze, eine Boule-Bahn und einen Kinderspielplatz.
Am Creek, der aus einem ziemlich beeindruckenden Wasserfall gespeist wird, entstand eine richtige kleine Oase der Ruhe. Mit einer Betonplattform und einer wunderschönen handgeformten Balustrade wurde der Zugang erleichtert, überall um den Wasserfall herum wurden aus den Sockeln alter Bahngleise Picknicktische aufgebaut, es gab Stufen hinab ins Wasser und es wurden Fische ausgesetzt, damit immer genug zum Angeln da war. Heute sind das noch die Nachkommen der Fische, Aale und Schildkröten von damals ;)

Wunschbrunnen
Wunschbrunnen

Am Eingang zum Pool und Badhaus stand ein Wunschbrunnen, da haben ganz viele Leute ganz viel Geld reingeschmissen. Aber irgendwann hat José gemerkt, dass öfters mal weniger drin war als beim letzten Mal wo er geschaut hatte. Er hat dann einen kleinen Zaun außenrum hingebaut. Eine Mitarbeiterin kam dann irgendwann und meinte, sie hätte Kinder der Badenden gesehen, die mit pitschnassen Ärmeln und Hosenbeinen durch die Gegend rennen – offensichtlich machte den Kindern also der Zaun nichts aus. Schließlich ging José runter an den Creek, fing einen Aal, setzte ihn in den Wunschbrunnen und schrieb ein großes Schild dran „Vorsicht, Zitteraal!“ Die Kinder bekamen Angst, der Brunnen füllte sich und José machte ein Vermögen! :D

Springbrunnen am Badhaus
Springbrunnen am Badhaus

Eine Art Pool wurde installiert, direkt gespeist aus dem konstant (auch in der Trockenzeit) fließenden Mena Creek und bald entwickelte sich aus der Pumpe die Idee, komplett auf Wasserkraft umzusteigen. So baute José North Queenslands erste „Hydro Electric generating plant“ im Jahr 1933 und beheizte und beleuchtete die komplette Anlage damit. Krass, oder?
Nach einem kleinen Unfall mit Hochwasser wurde das ganze wiederaufgebaut, das Badhaus erneuert und ein hübscher Springbrunnen dahinter aufgebaut. Der springt noch heute und zwar immer noch ohne zusätzlichen Energieaufwand, denn er sprinkelt nur so schnell wie das Wasser im Creek fließt.

so flauschig!
so flauschig!

José grub auch einen Tunnel, der zunächst komplett mit hinterleuchteten Aquarien ausgestattet wurde. Der war, wie auch alle Wege in der gesamten Anlage, so breit, dass man locker zu zweit Hand in Hand entlangflanieren konnte und wurde deswegen Love Tunnel genannt. Als das mit dem Wasser in den Aquarien doch nicht so hinhaute wie geplant, beschloss José, in dem Tunnel Pilze anzupflanzen. Das klappte auch super, bis er irgendwann auf der anderen Seite des Tunnels einen Durchbruch machte und eine Art natürlichen Garten fand. Ein kleines Nebenflüsschen floss hier mit einem Wasserfällchen, den er selbst bearbeitete, damit er genau einer Miniatur des großen Wasserfalls auf der anderen Seite des Tunnels entsprach.
Heute ist der Tunnel noch zur Hälfte zugänglich und an der Decke ist alles voll mit winzigen Fledermäusen :)
Weil für José das Rauschen von Wasser irgendwie zum Gefühl der Freiheit gehörte, ließ er auch entlang des Creeks an mehreren Stellen große Felsbrocken anschaffen oder umlegen, sodass immer und überall im Park das Geräusch von Wasser zu hören war.

1948 starb José. Sein Anwesen blieb in der Familie, aber nachdem alle weggezogen oder verstorben waren, waren seine Schwiegertochter und ihre Söhne die einzigen, die sich darum kümmern konnten. Bis 1977 wurde der Park weiterbetrieben, dann musste die Familie verkaufen und nach einem Feuer wurde der ganze Park geschlossen. Drei Zyklone in 1986, 2006 und 2011 und eine Flut 1994 brachten vieles zum Einsturz. Doch 1993 hat das Ehepaar Evans den Park aufgekauft. Sie sehen es als ihre Aufgabe, nichts wiederaufzubauen, sondern nur zur restaurieren, was noch steht. Und ich muss schon sagen, das ist ihnen richtig gut gelungen.

DAS nenn ich mal eine Allee
DAS nenn ich mal eine Allee

Die ganzen alten Steinbauten verfallen langsam und werden von der Natur zurückerobert, was dem ganzen Park so ein märchenhaftes Ambiente verleiht, ist echt fast magisch, wenn man da durchschlendert. Vor ein paar Jahren kam dann unerwartet eine uralte Frau zum Park – Josés Schwiegertochter! Sie erzählte den Evans die ganzen Geschichten, die sie erlebt und erzählt bekommen hat, sodass heute bei der geführten Tour durch den Park echt schöne Sachen erzählt werden können. Sie hatte sogar Aufzeichnungen über die Wasserkraftanlage und 2009 konnte die originale 1930er-Technik nach 40 Jahren inaktiv wiederhergestellt werden und betreibt noch heute den Park, das Museum im alten Wohnhaus, den Eingangsbereich und den angeschlossenen Campingplatz.

 

Der kleine Abstecher zum Paronella Park hat sich für mich auf alle Fälle gelohnt. Es war so schön, besonders unten am Wasser. Und diese Architektur hat was ganz eigenes an sich, besonders wenn man überlegt, dass er komplett alles aus den billigsten Sachen gebaut hat, die er so finden konnte. Extrem schlauer Mann meiner Meinung nach und der Park ist eine schöne Möglichkeit, den „Australian Dream“ so erleben zu können.
Ich hoffe, ihr habt ein bisschen was gelernt und könnt von den uuunglaublich beeindruckenden Fotos (oh ja, ich strotze vor Selbstlob wenn ich die seh) zehren, bis ich in frühestens anderthalb Wochen an meinen Blog zurückkehre – denn vorher ist mal wieder Uni-Krams angesagt, bis dann endlich nur noch zwei Klausuren am Ende des Semester übrig sind…

 

 

 

 


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