Platt, platter, ...doch nicht

Es ist platt hier im Norden und ich dachte mir „Was bietet sich da besser an als eine Radtour?“ Großer Sommerurlaub kam wegen Corona und wegen hohen Ausgaben während und nach meinem Umzug im Frühjahr sowieso nicht wirklich in Frage. Meine neuseeländische Freundin, die ich im Herbst gerne in Schottland besucht hätte, hatte Glück und den letzten Flieger nach Neuseeland erwischt, bevor Edinburgh im Lockdown versank. Herbsturlaub hatte sich damit also auch erledigt.

Schweriner Schloss
Schweriner Schloss

Um wenigstens ein bisschen raus zu kommen, entschied ich mich also, mein Rad zu satteln und nach mehreren Jahren ohne längere Tour endlich wieder loszuradeln. Zufällig hatte Freundin Ruth zur gleichen Zeit Urlaub wie ich und so schloss sie sich kurzerhand an. Die geplanten Ziele kannte ich zum Teil schon, aber beim Radfahren geht es mir ja auch um die Strecken dazwischen, und ich war guter Dinge, dass man an der Ostseeküste ganz hervorragend würde radeln können. Aber an die Ostseeküste muss man ja auch erstmal kommen, also ging es zunächst mit dem Zug los.

Garten an der Orangerie, Schwerin
Garten an der Orangerie, Schwerin

Erster Halt am Tag des Aufbruchs war unsere Landeshauptstadt Schwerin. Wer sich erinnert, hier war ich schonmal 2016 vor meinem ersten AIDA-Einsatz, und es war genauso schön wie damals. Das Schloss steht auf einer Insel, die über eine schicke Brücke mit eleganten Straßenlaternen und grobem Kopfsteinpflaster erreicht wird. Den Trend zum Urlaub-im-eigenen-Land konnten wir hervorragend live erleben, denn die Schlange am Schlosseingang zog sich fast bis ans andere Ende der Brücke. Also hieß es für uns nur einen Besuch in den Gartenanlagen, die wunderschön sind so umgeben vom Schweriner See. Den ersten üblen Regenschauer nahmen wir auch direkt mit, er überraschte uns ziemlich plötzlich bei Kaffee und Kuchen in der Innenstadt. Also schnell angetüddelt in unsere schicken Regenklamotten und auf schnellstem Wege zum Bahnhof. Dumm nur, dass unsere Planung perfekte gepasst hätte und wir somit eine Stunde vor unserem Zug am Bahnhof waren. Weil unerwartet die Sonne wieder rauskam, beschlossen wir also kurzerhand, die erste Teilstrecke Richtung Nachtlager in Lübeck per Rad zurückzulegen. Ganz schlechte Idee. Merke: In einer durchgeregneten Jeanshose lässt es sich bei knallender Sonne nicht wirklich angenehm radeln.

Als Wäscheständer sind Radsattel und -lenker auch gut geeignet
Als Wäscheständer sind Radsattel und -lenker auch gut geeignet

So kamen wir dann aber nach Bad Kleinen, was wohl so klein ist wie es sich anhört, aber einen proportional riesigen Bahnhof mitten in der Pampa hat. Es gibt Toiletten und windgeschützte Bänke und Snackautomaten – und das alles wohl nur für die Hundertschaften, die hier umsteigen müssen auf dem Weg zwischen Schwerin und Lübeck, denn es scheint nicht so, als gäbe es hier irgendetwas spezielles. Pünktlich vor unserer Anschlussbahn saßen wir also am Bahnsteig in der Sonne und ließen unsere Hosen trocknen und dann der Schock: wir waren nicht die einzigen, die an diesem schönen Tag mit dem Rad unterwegs waren und der Zug so voll mit Rädern, dass der Zugführer uns nicht mitnehmen wollte.

Einen Zug und eine Stunde später durften wir dann mit und kamen sehr viel später als gedacht in Lübeck an. Ich erinnerte mich nur zu gut an die hervorragenden Regionalbahnstrecken, an denen ich bisher entlang geradelt bin und wo alle zwanzig Minuten ein Zug vorbei kommt…

Holstentor, Lübeck
Holstentor, Lübeck

Lübeck war für mich auch nichts neues, aber ein Stadtspaziergang lohnt sich hier immer und wenn man mit dem Rad vom Bahnhof kommt, fährt man direkt aufs Holstentor zu, was in der leuchtenden Abendsonne eine ziemlich imposante Erscheinung abgibt. Direkt um die Ecke entlang der alten Speicherhäuser gibt es eine nette Fußgänger-Promenade, wo es sich ganz wunderbar flanieren lässt. Mit dem Fahrrad kann ich aber definitiv empfehlen, am Stadtrand unterzukommen, denn die Innenstadt liegt erhöht und der Großteil der Straßen hinauf ist vor sehr sehr langer Zeit zuletzt gepflastert worden und mit einem vollbepackten Rad entsprechend schwer zu bewältigen.

Radweg am Strand
Radweg am Strand

Wie gut, dass man beim Radfahren begrenzte Gepäck-Kapazitäten hat, so mussten wir uns wohl oder übel sehr zurückhalten beim Marzipan-Shopping, und das Marmelade-Outlet ließen wir auch direkt links liegen um gar nicht erst in Versuchung zu kommen. An einem schönen Teich gab es Frühstückspause und dann machten wir uns auf in Richtung Norden. Der Radweg dort ist wirklich schön, sehr flache Schotterwege entlang von Feldern, also genau wie ich mir das vorgestellt und gewünscht hatte. Viel zu sehen gibt es auf dem Weg allerdings nicht. Verglichen mit meinen vorherigen Radtouren an Rhein und Lahn entlang, wo alle Nase lang eine Burg oder niedliche Altstadt ist, konnten wir eigentlich ohne große Unterbrechung durchbrausen bis Neustadt, wo Mittag angesagt war. Erst ab Neustadt geht der Weg relativ dicht am Wasser entlang weiter. Ein bisschen Strand und Küste und Klippen waren also garantiert und das Wetter spielte auch einigermaßen mit, bis wir abends in Dahme ankamen. Ein relativ kleines Örtchen, aber offenbar mit guter touristischer Infrastruktur, denn es gibt eine breite Strandpromenade mit Restaurants und Strandkörben, in denen man teilweise sogar übernachten kann. Das muss ich dann wohl nächstes Jahr mal ausprobieren, Camping am Strand klingt irgendwie ganz witzig für eine Nacht. Wir blieben allerdings in einem kleinen Häuschen, das als Mini-Ferienwohnung vermietet wird. Richtig urig, es war früher mal der Schweinestall hinter dem Haupthaus und hat jetzt ein Sofa, eine Kaffee-Ecke, eine sehr gemütliche Terrasse mit Garten und eine steile Leiter in die Dachschräge, wo man sich zu doch sehr lieb haben muss, um zu zweit da schlafen zu können. Auch wenn das für uns kein Problem ist, ist Ruth dann doch für die Nacht aufs Sofa gezogen, denn für Zwei wurde die Loft-Luft doch ziemlich dünn da oben.

Ich finde ja, das ist voll meine Farbe...
Ich finde ja, das ist voll meine Farbe...

Entsprechend unausgeschlafen ging es dann am nächsten Morgen weiter entlang des Ostseeküsten-Radweges, den ersten Teil super schön auf dem Deich und mit superschönen Aussichten entlang des Weges. Ein kleines Päuschen in einer schönen wilden Bucht war auch noch drin, bevor der Regen uns ein paar Mal einholte. Nach den ersten Versuchen klappte das An- und Ausziehen der Regenkluft dann aber immer schneller und es war eine Sache von Sekunden nach den ersten Tropfen, bis ich als knallgrüner Knubbel in Regenjacke und -hose wieder auf mein Rad aufstieg.

Aussicht am Wegesrand
Aussicht am Wegesrand

Der Radweg, der so wunderschön angefangen hatte, irritierte und irgendwann mehr und mehr, denn laut Karte und Ausschilderungen mussten wir ab und an über Campingplätze fahren. Das war so verwirrend, dass wir regelmäßig anhalten und die Karte prüfen mussten, aber jedes Mal sagte uns ein netter Wohnwagen-Bewohner „Jaja, sie müssen hier weiter gradeaus“ – scheint also ein regelmäßiges Problem zu sein. Die Campingplätze sind blöd zu navigieren, man kommt sich immer etwas verloren vor (das geht mir ja selbst so, wenn ich ein paar Tage auf einem verbringe) und weiß nicht, wo was ist. Dann mussten wir sogar irgendwann über eine kleine Holzbrücke und drei Meter weit über eine Sandfläche, wo unsere Räder mehrere Zentimeter tief im Sand versanken. Gar nicht mal so einfach mit den schweren Packtaschen. Und sowas nennt sich offizieller Radweg. Das ständige Anhalten ist natürlich auch echt anstrengend auf Dauer und ich war froh, als wir endlich unser Tagesziel Fehmarn in der Ferne sehen konnten.

Aussicht von der Fehmarn-Brücke
Aussicht von der Fehmarn-Brücke

Der Radweg nach Fehmarn ist auch ganz seltsam. Erst geht er immer an einem großen Zaun entlang, irgendwann ist ein Tor im Zaun, durch das man durch muss. Allein mit bepacktem Fahrrad kommt man da kaum durch, weil die Tür automatisch zufällt. Wir hatten Glück und ein älterer Herr saß genau dort auf einer Bank, deutete unsere verwirrten Blicke korrekt und bestätigte, dass wir nach Fehmarn wirklich durch den Zaun müssen. Er hielt uns die Tür auf und so ging es einigermaßen mit unseren überbreiten Rädern durch den Zaun. Auf der anderen Seite geht der schöne breite Radweg aber nicht etwa weiter. Nein, erstmal schiebt man 50 Meter weit an einer vielbefahrenen zweispurigen Straße auf einer Art Trampelpfad entlang, bevor wenigstens wieder die Leitplanke beginnt. Danach geht der Trampelpfad weiter und eigentlich soll man bis nach Fehmarn schieben. Das sind aber knapp zwei Kilometer bis man tatsächlich drüber ist, also versuchten wir zu fahren. Eine sehr wackelige Angelegenheit, und mit Gegenverkehr eigentlich kaum machbar, aber dann wird selbst das aneinander-vorbei-Schieben ein Balanceakt. Die Strecke bis an den höchsten Punkt der Brücke, die Fehmarn mit dem Festland verbindet, zieht sich ganz schön, vor allem bei dem krassen Gegenwind, der uns so nah an der Küste erwischte.

Zwar keine Burg aber eine schöne Altstadt in Burg auf Fehmarn
Zwar keine Burg aber eine schöne Altstadt in Burg auf Fehmarn

Oben auf der Brücke ist auf einer Breite einer ganzen Autospur Platz für Fahrräder, aber da braucht man ihn eigentlich kaum noch. Die Aussicht war allerdings sehr schön, denn die Brücke ist 23 Meter über dem Fehmarnsund und man sieht die ganze Fehmarn’sche Küste entlang. Runterzus wird der Weg nicht besser, Trampelpfad bergab mit Gegenverkehr ist fast noch anstrengender als bergauf.

Schade, dass der Weg auf die Insel per Rad so anstrengend ist, denn die Insel an sich scheint einiges zu bieten zu haben, aber man hat dann nicht mehr so viel Lust alles abzufahren. Deswegen begnügten wir uns mit einer kleinen Runde zum (sehr unspektakulären) Leuchtturm und ins Städtchen Burg (wo es aber keine Burg gibt). Um ein paar Kräfte für den nächsten Tag zu sparen, fuhren wir mit dem Zug weiter, denn eine spätere Möglichkeit dazu hätte es entlang unserer Strecke nicht mehr gegeben.

Ob die Kirche so alt ist wie die Bäume?
Ob die Kirche so alt ist wie die Bäume?

In Oldenburg war es dann schon wieder später als gedacht und nach einem schicken Abendessen bei Regen ging es abends noch ein paar Kilometer weiter in die Weltmetropole Gremersdorf. Von den knapp 1.500 Einwohnern sahen wir kaum welche, aber immerhin ist das örtliche Hotel schon kilometerweit vorher zu sehen dank eines riesigen hohen Schildes im Stil der Autobahn-McDonalds-Schilder. Offenbar ist es ein beliebter Stopp für Trucker, anders konnten wir uns die Dimensionen des Hotels an der Autobahn mitten in der Einöde absolut nicht erklären.

Beobachtet
Beobachtet

Weil für den nächsten Tag extremer Gegenwind angesagt war und wir eine Strecke von knapp 65 Kilometern vor uns hatten und keine Möglichkeit, Teile davon per Bahn zu fahren, entschieden wir uns spontan für eine Routenänderung. Immerhin konnten wir die Strecke auf gut 40 Kilometer einkürzen und die gegen-den-Wind-Strecke umgehen. Alternativ gab es nun erst eine Teilstrecke per Zug ab Oldenburg, dann Wind von schräg vorne. Dummerweise verlief unsere verkürzte Strecke durch ein Gebiet, das als Holsteinische Schweiz bekannt ist und für unsere ausgepowerten Beine waren auch die für Süddeutsche eher geringen Steigungen doch ganz schön schweißtreibend. Das Wetter war leider auch nicht wirklich auf unserer Seite und der eigentlich wunderschöne Radweg versank etwa die Hälfte der Zeit im Regen. Die meiste Zeit des Tages verbrachten wir gefühlt mit An- und Austüddeln und konnten dadurch nicht so ganz genießen, was es da alles zu sehen gab. Die ersten Blicke auf die Seen um Plön entgingen uns also, aber immerhin hatten wir eine nette Begegnung mit einem jungen Hirsch in einem Feld, der wohl noch nie einen knallgrünen Knubbel auf einem Fahrrad gesehen hatte.

Idyllische Altstadt in Plön
Idyllische Altstadt in Plön

Bis wir in Plön ankamen, hatte es sich so richtig eingeregnet und das nette Café direkt am See erreichten wir völlig durchnässt und platt nach 40 Kilometern quer gegen den Wind. Während draußen die Welt unterging, genossen wir also Kuchen und Kakao, und bis es sich ausgeregnet hatte, waren wir wenigstens ein bisschen angetrocknet um uns noch die Plöner Altstadt anzuschauen. Die Lage ist richtig schön, der See ist gigantisch groß und wäre das Wetter schöner, hätte man viele Bänke mit Aussicht gefunden. Es gibt ein Schloss mit riesigem Park am Hang und viel Backstein-Architektur. Ein schöner Abschluss – vor allem dank des verzogenen Regens – unserer Dreitages-Tour, denn danach ging es nur noch per Zug nach Kiel, wo ich einen meiner Scouts vom letzten AIDA-Einsatz besuchte und einen sehr entspannten Abend hatte. Wie praktisch, dass ich Kiel schon so gut kenne und daher nicht das Gefühl hatte, etwas zu verpassen wenn ich mir nicht die Stadt anschaue.
Morgens brachte der Zug uns nach Hamburg, wo Ruth sich noch ein wenig umschaute und ich mich mit diversen anderen Ex-AIDA-Kolleginnen treffen konnte. Die Nacht verbrachte ich bei einer von ihnen und bekam sogar Besuch des neugierigen Eichhörnchens, das sich morgens immer Nüsse auf der Fensterbank abholt.

Fensterbrett-Besucher
Fensterbrett-Besucher

Wie froh war ich nach der anstrengenden Woche, dass mein Urlaub noch nicht vorbei war und ich noch ganze sieben Tage Frei vor mir hatte, bevor die Arbeit wieder losging. Als Fazit kann also getrost sagen: Es war super, ein bisschen was im Norden zu sehen, das sommerliche Wetter zu nutzen und endlich wieder ein paar Tage aufs Rad zu kommen, ein bisschen Zeit mit Ruth verbringen ist auch nie eine schlechte Idee (Danke mal wieder für die Fotos!) – aber mit Bahngleisen neben dem Radweg fährt es sich für mich definitiv entspannter.

 

 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Joachim (Donnerstag, 08 Oktober 2020 11:31)

    Liebe Tanja,

    schöner Bericht, hat mir gut gefallen.
    Einige Orte hatte ich auch gerade besucht, allerdings, muss ich gestehen, mit dem Auto - Hybrid (!), fast so umweltfreundlich wie eure Fahrräder.
    Von Lübeck aus, hat euch der Merkur auf der Brücke vom Bahnhof kommend auch etwas undelikat begrüßt?, sind wir nach Osten gefahren über den sehr schönen Biohof Hoher Schönberg und schließlich in Trams gelandet, das ist auf der anderen Seite des Schweriner Sees gelegen, ganz in der Nähe von Bad Kleinen.
    Kleines Ferienhaus direkt am Tramser See - sehr frisch, aber ich bin tapfer morgens ins Wasser.
    Das muss das kalvinistische Erbe sein: thou shalt not enjoy thyself!

    Wart ihr in Hohen Vielchen, praktisch neben Bad Kleinen? Das heißt wirlklich so und hat wohl nichts mit Veilchen zu tun?
    Nette kleine Kirche, die gibt es in der Gegend überall, ich liebe die norddeutsche Backsteingotik, und in einem Abendmahlbild kuschelt sich Maria Magdalena an Christus. Das war doch mal eine klare Darstellung, die auch was Menschliches hat.
    Wir sind dann in MeckPomm geblieben rings um Schwerin, hoch nach Norden bis Wismar und nach Süden bis Ludwigslust, was dann eher nichts mit Backsteingotik zu tun hat.
    Wir hatten übrigens wunderbares Wetter (26.09. bis 03.10.) ... wenn die Engel reisen!

    Lieber Gruß,
    Joachim

  • #2

    Michael aus Fulda (Freitag, 09 Oktober 2020 17:50)

    Du schreibst , dass Ihr in Plön wart („die Lage ist richtig schön“) und den Plöner See („gigantisch groß“) gesehen habt. Das erinnert mich an das Gedicht „Fahrt über den Plöner See“ von Wilhelm Lehmann (1882-1968).
    Es entstand 1940 im zweiten Weltkrieg. Der Dichter möchte dem Schrecken entfliehen und nimmt mit seiner Frau an einer Bootsfahrt teil. Er beschreibt wunderschön, mit leichter Hand dahingetupft, ein wenig romantisch mit klassischen Anspielungen eine Idylle. Weil es so schön ist, fahren sie noch eine Runde mit und die in der zweiten Strophe erträumte Oper wird in der sechsten Strophe Wirklichkeit. In der achten überkommt ihn doch die Furcht („Wir fahren durch den Schreck der Zeiten, Beisammen noch, geliebte Frau.“). Die neunte benennt die Angst vor dem Zusammenbruch Deutschlands und in der letzten fügt er sich dem Urteil der antiken Götter aus der genannten Oper. Die folgt einer Erzählung aus dem 13. Buch von Ovids Metamorphosen (Verwandlung, Veränderung) und daher hofft er nach dem Ende der Diktatur auf die Metamorphose zur Demokratie und auf eine bessere Zukunft.
    Wilhelm Lehmann wird als Naturdichter bezeichnet und hielt sich aus privaten Gründen mit seiner Kritik zurück. Der an Karl Marx geschulte Bertolt Brecht fand im Gedicht „Der Kälbermarsch“ deutlichere Worte und musste ins Ausland fliehen. Wir Heutigen wollen froh sein, dass wir in einer Demokratie in Frieden und Freiheit leben.

    Bei Google findet man noch mehr zu dem Gedicht, z.B.:
    https://www.ln-online.de/Thema/S/Sommerredaktion/Durch-Worte-wird-ein-Ort-zu-Musik

    Hier nun das Gedicht:

    Fahrt über den Plöner See

    Von Wilhelm Lehmann

    Es schieben sich wie Traumkulissen
    Bauminseln stets erneut vorbei,
    Als ob ein blaues Fest uns rufe,
    Die Landschaft eine Bühne sei.

    Sich wandelnd mit des Bootes Gleiten
    Erfrischt den Blick Laub, Schilf und See:
    Hier könnte Händels Oper Spielen,
    Vielleicht Acis und Galathee.

    Die Finger schleifen durch die Wasser,
    Ein Gurgeln quillt um Bordes Wand,
    Die Ufer ziehn wie Melodieen,
    Und meine sucht nach deiner Hand.

    Wenn alle nun das Schifflein räumen,
    Wir endigen noch nicht das Spiel.
    Fährmann, die runde Fahrt noch einmal!
    Sie selbst, ihr Ende nicht, das Ziel.

    Es schieben sich wie Traumkulissen
    Bauminseln stets erneut vorbei,
    Als ob ein blaues Fest uns rufe,
    Die Landschaft ein Bühne sei.

    Sich wandelnd mit des Bootes Gleiten
    Erfrischt den Blick Laub, Schilf und See:
    Wir dürfen Händels Oper hören,
    Man gibt Acis und Galathee.

    Wir sehen, was wir hören, fühlen,
    Die Ufer sind die Melodien;
    Bei ihrem Nahen, ihrem Schwinden,
    Wie gern mag uns das Schifflein ziehn!

    Dort schwimmt bebuscht die Prinzeninsel,
    Hier steigt die Kirche von Bosau -
    Wir fahren durch den Schreck der Zeiten,
    Beisammen noch, geliebte Frau.

    Heißt solcher Übermut vermessen?
    Rächt sich am Traum der harte Tag?
    Muss seine Eifersucht uns treffen,
    Wie den Acis des Riesen Schlag?

    Die Götter sind nicht liebeleer -
    Was ihr den beiden tatet, tut!
    Die Nymphe flüchtete ins Meer,
    Acis zerrann zu Bachesflut.

  • #3

    Sonja (Samstag, 10 Oktober 2020 09:16)

    Eine schöne Tour: Schwerin ist eine Wucht, das kann ich nur bestätigen. Danke für den lebendigen Reisebericht und die wunderschönen Bilder.