Follow the poop

Nach dem spektakulären Ankommen in unserer Lodge hatten wir uns in den Kopf gesetzt, die große Elefantenherde wiederzufinden. „Kein Problem“, denkt man sich. Schließlich sind Elefanten die massigsten Steppenbewohner und können doch wohl nicht so schwer zu finden sein. Aber Pustekuchen, auch die Elefanten haben es erstaunlich gut drauf, sich zu verstecken. Wenn sie mitten über eine Wiese laufen, sieht man sie schon von weitem – aber das tun sie halt nur wenn’s nicht anders geht.

Mara River mit Elefanten am Ufer
Mara River mit Elefanten am Ufer

Wir folgten also den Elefantenspuren, das ist am Ende der Trockenzeit aber gar nicht mal so einfach, den auf festgebackenem Boden hinterlässt kaum jemand Spuren. Ein paar Mal haben wir ihre Fußabdrücke später mal gesehen und die sind schon ziemlich gigantisch. Aber in Samburu brauchten wir eine andere Lösung. Wo keine Fußspuren sind, gibt es glücklicherweise immer eine Alternative, denn egal, ob Regen- oder Trockenzeit: Tiere fressen und Tiere pupsen ihr Mittagessen auch irgendwann wieder aus. Die kleinen Gazellen machen Häufchen fester Köddel, die Antilopen etwas größere Bohnen. Wenn die Boller mittelgroß sind, ist vermutlich eine Giraffe vorbeigekommen. Ganze Gruben voll Mist könnten auf eine Nashornfamilie schließen, denn die sind sehr reinlich und machen ihr Geschäft gerne als „community pooping“ gemeinsam an einer Stelle, um den Rest der Heimat sauber zu halten. Impalas machen das auch und bevor eine Herde weiterzieht, gehen alle noch mal fix aufs Klo und der Herdenführer (das eine dominante Männchen) geht schnuppern, ob auch alle anwesend sind und sicherstellen, dass er niemanden aus seinem Harem verloren hat. Nilpferde haben auch ganz besondere Rituale, wenn es ums große Geschäft geht, dazu aber später mehr.

Eine Spur!
Eine Spur!

Wir waren auf der Suche nach den Elefanten, also hielten wir Ausschau nach den charakteristischen großen braunen Bällen (oder Fladen, wenn jemand ausversehen durchgelatscht war). Elefanten fressen den Großteil des Tages und müssen den Rest entsprechend oft wieder ablassen. Ein ausgewachsener Bulle produziert bis zu 150 Kilo Mist an einem Tag, was eine gute Sache für die Savanne ist, denn nur etwa die Hälfte des Gefressenen wird vollständig verdaut. So ein Elefantenapfel hat also alle möglichen Samen, Rinden- und Pflanzenteile in sich und hilft, im Wandergebiet des Elefanten die Artenvielfalt zu erhalten. In einigen Regionen auf der Welt wird Elefantendung eingesammelt und zu allem möglichen weiterverarbeitet. Man kann zum Beispiel Papier draus machen oder natürlichen Mückenschutz. Aber dafür waren wir ja gar nicht da: wir wollten Elefanten sehen!

Am ersten Abend fanden wir die große Herde von hinter dem Pool nicht mehr. Mit so großen Füßen kann man ganz schön Strecke machen, und wenn die Elefanten erstmal in einem Waldstück abgetaucht sind, sieht man sich auch nicht mehr aus der Ferne. Wir freuten uns nicht zum ersten Mal über George’s Funkgerät, mit dem er sich konstant mit den anderen Jeepfahrern im Reservat austauschen konnte. Wenn jemand was cooles entdeckte, informierte er die Jeeps in der Nähe, und so hatte man generell gute Chancen, was zu entdecken. Für uns war das erstmal ein einzelner Elefantenbulle, der ganz entspannt mitten durchs große Nichts spazierte und sich so gar nicht durch uns stören ließ. Das war faszinierend, wenn so ein Riese ein paar Meter neben deinem Auto vorbeikommt. Am liebsten will man den Arm ausstrecken und ihn streicheln, weil es fast wirkt wie im Zoo. Wobei ich im Zoo wohl noch nie so nah an einem Elefanten dran war.

Elefantenfamilie
Elefantenfamilie

Vermutlich war der einzelne Bulle auf dem Weg seiner Familie hinterher, denn die fanden wir nicht weit entfernt in einem Waldstück, wo sie für den Sonnenuntergangssnack eine Pause eingelegt hatten. Eine riesige Gruppe großer und kleiner Elefanten zog gemächlich an uns vorbei, sogar ganz kleine waren dabei, die wie beim Dschungelbuch ganz oft brav im Gleichschritt hinter Mama herliefen. Das Schlusslicht der Gruppe bildete ein Halbstarker, dem waren wir wohl etwas zu nah gekommen, denn er stellte sich ganz angriffslustig direkt vor unseren Jeep und schlackerte mit den Ohren. Da war ich ganz froh, dass George schnell den Rückwärtsgang einlegte, denn auch einen jugendlichen Elefant will man nicht unbedingt richtig sauer erleben.
Später fanden wir auch nochmal Elefanten, aber dieses erste Mal war schon ziemlich besonders, so nah und dann gleich so viele. Später entdeckten wir ab und an mal ein oder zwei irgendwo rumstehen und mampfen, oder im engeren Familienbund unterwegs sein. Ich fand erstaunlich, wie plötzlich so ein Riesenvieh im Blickfeld auftauchen kann, wenn es so lang nicht zu sehen ist wenn man angestrengt danach sucht.

Blubberblasen!
Blubberblasen!

So sehr suchen mussten wir nicht für die nächsten Dickhäuter mit spannender Poop-Geschichte: Nilpferde! Die schaffen sogar noch größere Mistmengen als ihre berüsselten Freunde, nämlich bis zu 200 Kilo pro Tag. Und sie verrichten ihre Geschäft so viel kreativer als die Elefanten, denn sie tun für ein paar Sekunden so, als wären sie ein Gartensprinkler und verteilen den Modder überall in der Gegend. Das hilft dabei, ihr Revier zu markieren – und vermutlich dabei, sich viele Feinde unter den sonstigen Fluss- und Uferbewohnern zu machen. Aber ein bisschen Poop abzubekommen, ist vermutlich noch das harmloseste, was einem in Zusammenhang mit einem Nilpferd passieren kann. Flusspferde gelten als eines der gefährlichsten Tiere Afrikas und töten jährlich etwa 500 Menschen. Das tun sie meist nicht absichtlich, aber wenn sie sich gestört fühlen (und das passiert eben schnell), können Hippos ziemlich aggressiv sein.

Mara River Nilpferde
Mara River Nilpferde

Unsere ersten Nilpferde gab es im Lake Naivasha, wo es jedes Jahr mehrere Zusammenstöße mit Fischern gibt, die meist in schweren Verletzungen enden, relativ regelmäßig aber auch in Todesfällen. Gut, dass ich darüber erst nach unserer Rückkehr gelesen habe. Unser kleines Motorboot brachte uns nah genug für Fotos, aber trotzdem mit gebührend Abstand an ein paar Nilpferdgrüppchen ran, da konnten wir sogar ein paar Mal das Auf- und Abtauchen sehen und einmal sogar eine Unterhaltung hören. Dazu brummen die Tiere und der offizielle Begriff unter Forschern dafür ist ungelogen „wheeze-honk“, weil es sich tatsächlich anhört, als würden sie hupen.
Das charakteristische Schwanzwedeln und Poop-Versprühen gab es später in der Masai Mara. Der Fluss dort braucht dringend Wasser, was inzwischen wohl mit den ersten Niederschlägen der Regenzeit gekommen sein dürfte. Wenn viel Wasser im Fluss ist, sieht man die Nilpferde weniger, aber als wir da waren, lagen sie teilweise sogar auf der Seite, um möglichst viel Kühlung zu bekommen. Blöd, wenn man am liebsten unter Wasser ist, und das Wasser alles weg ist.

Poop-Schleuder
Poop-Schleuder

Zur Dämmerung kommen Hippos aus dem Wasser oder Matsch, um an Land zu grasen, wenn es weniger heiß ist. Uns wurde damit ein bisschen Angst gemacht in unserem letzten Camp in der Masai Mara. Bloß immer das Zelt gut verschließen, hieß es beim Einchecken. Und nach Einbruch der Dunkelheit (also spätestens ab 19 Uhr) war es uns Gästen nicht erlaubt, alleine ohne Begleitung im Camp unterwegs zu sein. In einem anderen Camp galt das auch, wegen der Hyänen und Großkatzen, die ab uns zu mal durchkommen. Dann wackelt man einmal mit der Taschenlampe aus dem Zelt und es kommt ein Angestellter angeflitzt, der einmal in alle Ecken der umliegenden Vegetation leuchtet und dich dann dort hin begleitet, wo du hinwillst. In der Masai Mara konnte ich nicht so wirklich glauben, dass da tatsächlich ein Nilpferd durchs Camp marschiert kommen würde.
Dann saßen wir eines Abends nichtsahnend beim Abendessen und einer der Kellner sagt von der Tür „come see the hippo“ und ja wirklich: wir kommen aus dem Restaurant-Zelt und vielleicht drei Meter vor uns spaziert ein ausgewachsenes Hippo grasend durchs Camp! Wir standen ihm nicht im Weg, also ignorierte es uns und spazierte davon in die Dunkelheit.

Übrigens sind Nilpferde, Nashörner und Elefanten nicht miteinander verwandt, obwohl sie alle als Dickhäuter gelten und irgendwie ähnlich wirken. Nashörner sind am engsten mit Pferden verwandt, Nilpferde mit Schweinen und Kamelen, wie seltsam.

 

 

 


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