Hauptstadtgeflüster

Drei Wochen in Dubai und Sharjah ist viel zu viel Zeit um alles zu sehen, also war locker ein Tag übrig für einen Ausflug in die Hauptstadt im größten Emirat Abu Dhabi. Für 30 Dirham (ca. 6€) kriegt man die anderthalb Stunden Fahrt im klimatisierten Reisebus praktisch geschenkt.

Morgens früh ging es am Samstag also los, sodass ich etwas verspätet um viertel nach 9 in Abu Dhabi ankam. Um 10 wollte ich eine Tour mitmachen durch das weltweit größte und angesehenste Krankenhaus mit Schwerpunkt auf Falken. Der nette indische Taxifahrer hatte keine Ahnung, wo er mich hinbringen sollte, aber mit vereinten Kräften haben wir es um eine Minute nach 10 auf den Parkplatz geschafft und ich war natürlich nicht mal die letzte – eine Gruppe deutscher Busreisender kam erst 10 Minuten später.

 

Kuckuck! ääh...Falke!
Kuckuck! ääh...Falke!

Wieso grade Falken? Erstens ist der Falke das Nationaltier der Vereinigten Emirate. Zweitens hat jeder, der was auf sich hält und kein Fan von Kamelen ist, seinen eigenen Falken oder auch mehrere. In den alten Adelsfamilien der Scheiche ist ein Falke ein Statussymbol und laut der Krankenhaus-Mitarbeiterin gibt es einen Kunden, der hat 200 der Vögel daheim. Als Haustiere kann man die aber nicht bezeichnen, sie sind eher wie ein zusätzlicher Sohn. Es gibt zu Hause normalerweise keine Käfige, sondern der Vogel hat seine eigene Suite, wo er frei rumfliegen darf, er hat einen Trainer und einen Aufpasser, und wenn er mitgenommen wird im Auto, sitzt er ohne Käfig auf dem Beifahrersitz und die Kinder müssen nach hinten. Die Falken werden zum Jagen genommen und ihr Training nimmt viele Jahre in Anspruch, sodass so ein Tier bis zu einer halben Million Dirhams kosten kann.

Voliere für die Sommerfrische
Voliere für die Sommerfrische

Ins Abu Dhabi Falcon Hospital bringen die Besitzer ihre Vögel, wenn sie krank oder verletzt sind, zur allgemeinen Untersuchung und auch zur „Sommerfrische“, wenn die Zeit des Gefiederwechsels gekommen ist. Einmal im Jahr werfen die Falken nämlich ihre Federn ab und ersetzen sie mit neuen. Aber das sind nicht ein paar Tage der „Mauser“, sondern das geht wochenlang, denn es fällt immer nur eine Feder nach der anderen aus. Weil das ja eine Riesensauerei wäre, wenn jeden Tag die Federn überall rumfliegen, bringt man seinen Falken zum Falcon Hospital, wo er gemeinsam mit anderen „Urlaubern“ in eine große Voliere kommt, wo er frei rumfliegen darf, bis sein Gefieder erneuert ist und dann darf er wieder heim.

 

sehen dürfen sie im Untersuchungsraum nichts, sonst würden sie sich gegenseitig angreifen
sehen dürfen sie im Untersuchungsraum nichts, sonst würden sie sich gegenseitig angreifen

Das Krankenhaus wurde von einer Deutschen gegründet, die auch schon wahnsinnig viele Preise für ihre gute Arbeit gekriegt hat, weil die Klinik so einen hohen Standard hat. Früher mussten die Emiratis ihre Falken in andere Ländern bringen, wenn mit ihnen was war. Bei so vielen Falken im Land ist das schon ein echtes Problem und deswegen wurde 1999 das Falcon Hospital eröffnet und hat durchschnittlich im Jahr 11.000 Falken als Patienten und ein paar wenige andere Tiere auch. Am Tag kommen da manchmal mehr als 100 Vögel rein. Und besonders stolz sind sie auf eine interne Auszeichnung „kein einziger vermisster Falke in 15 Jahren“.

 

Falken-Wartezimmer
Falken-Wartezimmer

Die Tour begann im Wartezimmer, sieht eigentlich genauso aus wie beim Menschendoktor, nur dass in der Mitte statt Tischchen mit Zeitschriften kleine Bänke mit Plastik-Grasbezug stehen – das Wartezimmer für die Falken, denn die Viecher sind ganz schön schwer, die willste nicht stundenlang auf dem Arm sitzen haben während du auf den Arzt wartest.        

 

Untersuchungsraum
Untersuchungsraum

Dann ging es in den normalen Untersuchungsraum, wo auch kleinere Sachen durchgeführt werden. Hier hat uns gleich eine Horde von Falken erwartet, wieder auf kleinen Bänken in der Mitte und jeder mit seiner Haube auf. Die Falken kennen sich ja nicht und manchmal wollen sie dann aufeinander los, aber sie verlassen sich am ehesten auf ihre Augen, sodass sie Geräusche und Gerüche von den anderen nicht weiter stört wenn sie nichts sehen können.

Zeit für die Maniküre
Zeit für die Maniküre

Der nette indische Doktor (ich glaube, eigentlich bin ich hier in Indien) hat uns einen seiner Patienten geholt, dessen Krallen waren zu lang und er fing an sich selbst damit zu verletzen und hatte schon eine Schürfwunde unterm Fuß. Dann hat er ihm eine Maske aufgesetzt mit Betäubungszeug und ganz langsam wurden seine Augenlider schlapp und die Augen gingen zu und der Herr Doktor hat seine Instrumente rausgeholt und die sahen aus wie die üblichen Maniküre-Utensilien: Nagelklipser, Schere, elektrische Feile, Fußcreme, … und ein kleines Tonding mir drei Scharten vorne und einer hinten – ein Falkenschuh! Falls der Patient einen Verband braucht um sich den Fuß nicht weiter zu verletzen, bekommt er den Fuß in einen Schuh gesteckt und dann eingebunden, damit der schön grade bleibt. Sachen gibt’s…

 

Maniküre-Utensil und Falken-Schuh
Maniküre-Utensil und Falken-Schuh

Irgendwann wachte der Patient natürlich auch wieder auf und dann wurde ihm noch der Schnabel gekürzt, weil der einen Überbiss hatte und geschrabbt hat. Das sah ziemlich herzzerreißend aus, wie der Herr Doktor da rumgefeilt hat und das arme Tier in alle Richtungen geschaut hat als würde er um Hilfe bitten. Aber jetzt kann er dafür wieder gescheit beißen und laufen und alles, also alles gut :)

 

Schmusetiger
Schmusetiger

Einem besonders freundlichen Schmusetiger…äh, -falken durften wir auch hallo sagen und den Bauch kraulen, das fand der cool. Als er grade auf meinem Arm saß, kam plötzlich die Hand vom Herrn Doktor angeschossen, schob meinen Arm ganz weit nach außen und schwupps, hatte der Schmusefalke auf den Boden gepupst. Die Mitarbeiter hier sehen ganz genau: wenn der Schwanz in eine bestimmt Richtung zuckt, muss gehandelt werden, damit die Gäste nicht den Mist abkriegen, und sofort ist einer mit Lappen und Desinfektionszeug zur Stelle, der saubermacht.

 

Falken-OP
Falken-OP

Weiter ging die Tour vorbei an den OPs, die sind fast alle mit Instrumenten aus der Kindermedizin ausgestattet, denn die Patienten sind ja sehr klein. Danach noch ein Ausflug in die Freiflughalle, wo immer einer aufpassen muss, dass sich niemand gegenseitig an den Kragen geht beim Freisein, und dass immer genügend Wachteln da sind, damit sich niemand streitet. Denn jeden Tag gibt’s pro Falken eine ganze frische Wachtel. Für die „Sommerfrische“ inklusive Mahlzeit und Unterkunft zahlt man als Falkenhalten grade mal 7€ am Tag – deswegen ist das Ticket für die Tour auch so teuer…

 

Mini-Falke
Mini-Falke

Weil mir die Taxifahrt irgendwie zu lang war, dachte ich, ich hitche mir ne Mitfahrgelegenheit in der Tourgruppe. Aber alle waren in ihren Bussen gekommen. Nachdem ich fast alle durch hatte, haben wir gemeinsam die einzigen drei ausfindig gemacht, die außer mir nicht mit einer geführten Reise da waren und die beiden neuseeländischen Bootsbauer Chris und Brian mit Frau Jody haben freundlicherweise ihr Taxi mit mir geteilt. Wir haben uns super unterhalten und als Dankeschön für meine Tips zum bevorstehenden Urlaub auf den Cookinseln haben sie mir mein Viertel vom Taxi geschenkt. Wie Mama immer so schön sagt „Ich schaffs halt immer zur richtigen Zeit an den richtigen Ort“.

 

Abu Dhabi Corniche
Abu Dhabi Corniche

Abu Dhabi hat mich nicht wirklich vom Hocker gehauen, aber als Hauptstadt ist es da ganz nett. Bestimmt gibt es auch viele viele interessante Museen usw., aber für die war ich ja nicht gekommen. Also erstmal Mittagessen in der Marina Mall (reicht nicht annähernd an die Imposanz der Dubai Mall heran) an der hübschen Uferpromenade mit Blick auf den Al Hosn-Palast, wo früher der Sheikh gewohnt hat. Hin hab ichs dann leider nicht mehr geschafft, weil meine Zeitplanung irgendwie versagt hat. In Abu Dhabi scheinen mir die Wege noch weiter zu sein als in Dubai. Schrecklich, so viel Taxi bin ich an einem Tag hier noch nie gefahren. Es gibt keine Metro, nur ein für mich völlig unverständliches Bussystem, das war mir zu kompliziert. Und mit Taxis kommt man ja eigentlich ganz gut zurecht hier und billig sind sie auch.

 

Sheikh Zayed Grand Mosque
Sheikh Zayed Grand Mosque

Also ging es weiter zu DER Touristenattraktion in Abu Dhabi: der Sheikh Zayed Grand Mosque und „grand“ ist eigentlich noch untertrieben. Die Moschee ist die größte in den Emiraten und laut Wikipedia die achtgrößte der Welt. Sie wurde erst neu gebaut und wurde 2007 eröffnet. Laut dem Security-Mann haben in der Moschee über 40.000 Leute Platz (und Platz heißt Platz zum Beten, also zum auf-dem-Boden-hocken). Das Gebäude ist eine besonders krasse Erscheinung wenn man auf dem Highway in einiger Entfernung dran vorbeifährt – einfach nur atemberaubend, knallweiß mit vielen vielen Kuppeln und goldenen Mondsicheln oben drauf auf einem gigantischen Gelände, also nicht zugebaut von irgendwas hässlichem.

der schwarze Fleck bin ich
der schwarze Fleck bin ich

Wenn man ankommt ist alles erstmal recht unzeremoniell. Hatte ich extra lange Ärmel und meine geile Schlabberhose an, weil das so auf der Homepage stand, aber nein – eine Abaya muss trotzdem sein. Also wird man über eine kleine Treppe nach unten geschickt, kommt in einem unterirdischen Parkhaus raus, was fast an die Ausmaße der Dubai Mall-Parkplätze erinnert, und muss drei Parkhausausgänge weiter in einen kleinen Raum, wo einem der Pass abgenommen wird (Horror!) und man seine Telefonnummer hinterlegen muss. Dann bekommt man eine Abaya, also dieses lange schwarze lockere Gewand, mit angenähter Kapuze statt Kopftuch. Gab natürlich wieder die bescheuerten Touristen, die keinen Respekt haben und reinkamen „Oh hmm…ich hätte aber lieber ein extra Tuch statt dem hässlichen Ding.“ Aargh, bei sowas könnte ich das Kotzen kriegen.

Sheikh Zayed Grand Mosque
Sheikh Zayed Grand Mosque

Dann den ganzen Weg wieder zurück, raus in die Hitze – oh Gott, was für eine Hitze! Die Abayas sind sehr dünn und leicht, man spürt sie eigentlich kaum, aber draußen in der Sonne lief mir nach Sekunden der Schweiß von der Stirn und ich beneidete sehr die Herren, die in zu kurzer Hose gekommen waren und ein weißes Gewand übergeworfen bekommen haben. Da fällt mir ein, wieso ist die Abaya eigentlich schwarz? Angeblich steht ja im Koran nichts drüber, und seit ein paar Jahren geht der Trend auch schon zu dunkelblau und Brauntönen, aber wenn man in die Moschee will, kriegt man diese schwarzen Ungetüme. Naja, ich beschwere mich ja nicht. Wenn das die Regeln sind… Meine Hose war außerdem lang genug, dass ich eine kürzere Abaya tragen durfte, also nicht auf den Rolltreppen dauernd aufpassen musste, irgendwo hängenzubleiben.

Sheikh Zayed Grand Mosque
Sheikh Zayed Grand Mosque

Sonderlich hübsch sieht das auf den Fotos zwar nicht aus, aber ich war ja auch nicht fürs Selfie-Machen da. Die Moschee ist echt der Hammer, so riesig und so wunderschön! Vorne und an den Seiten führen lange offene Gänge entlang und hinten sind die Gebetshallen. Dazwischen ein gigantischer Innenhof mit richtig tollen Fliesen mit Blumendesign. Alles ist hier blumig im sogenannten „Arabesque“-Stil gestaltet, denn im Islam darf man keine Abbilder von Allah oder vom Propheten Mohammed oder anderen Propheten machen. Sogar der gigantische Teppich ist im wunderschönen Blumenmuster. Er soll fünfeinhalb Tausend Quadratmeter groß sein und 40 Tonnen schwer! Dann gibt es auch noch die wahnsinnigen Kronleuchter in den Hallen, die sind gute deutsche Handwerkskunst ;)

 

Souq Qaryat al Beri
Souq Qaryat al Beri

Die zwei Souqs, die ich noch hatte anschauen wollen, waren sehr enttäuschend. Der iranische Souq im Hafen ist nur Ramsch, so wie bei uns Flohmarkt, und der andere heißt Qaryat al Beri Souq und ist so was schickes, dass mir sogar vom Portier oder so die Tür vom Taxi geöffnet wurde. Trinkgeld hab ich aber keins dafür gegeben, hätte die Tür auch selbst aufmachen können. Da war alles megaschick und schnöselig, da bin ich dann lieber noch ne Pizza essen gegangen und hab mich ein bisschen mit Absicht verlaufen (da entdeckt man immer was tolles) und kam zu einem Viertel, wo richtig schicke Villen stehen mit hohen Zäunen und Sicherheitskameras dran und so.

So schicke Autos wie in Dubai hab ich keine gesehen, dafür aber vor der Mall am Busbahnhof den Wagen mit der 5 auf dem Nummernschild! Woooaaah! (Hab inzwischen recherchiert – es war gar kein Scheich, sondern nur ein reicher Geschäftsmann, der das für 25 Millionen Dirhams gekauft hat. Aber er ist erst Mitte 20...hmm)


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