Blinded by the Light

…oder auch Total Eclipse of the Sun. Naja, ganz total war die Sonnenfinsternis hier heute früh nicht, dazu hätten wir noch ein paar hundert Kilometer weiter im Norden sein müssen. Aber hey, wer beschwert sich, wenn er so ein Naturschauspiel direkt vor der Tür hat?

Wir jedenfalls nicht, deswegen habe ich mich heute früh seeeehr früh nach einer viiiiel zu kurzen Nacht (nach der Arbeit gestern habe ich ganze drei Stunden Schlaf abbekommen) aus dem Bett gequält und habe angefangen zu basteln. Wer sich an die 1990er Sonnenfinsternis über Deutschland erinnert – da gab es an jeder Tanke und Apotheke und in jedem MickyMaus-Maganzin ne extra Brille, damit man das Spektakel anschauen konnte ohne sich die Netzhaut zu zertrümmern. Hier: Fehlanzeige! Zu knapp um welche im Internet zu bestellen, zerschnitt ich heute früh also ganz spontan meinen Cornflakeskarton, schnitt ein Loch rein, klebte Alufolie drauf und dank Mamas Näh-Kit konnte ich ohne weitere Probleme ein stecknadelgroßes Winzloch in die Folie stechen. Voilà: eine echt originale Pinhole Camera!

morgens ein atemberaubendes Licht da oben
morgens ein atemberaubendes Licht da oben

Um kurz vor fünf, als der Himmel gerade anfing, sich himmefarbig zu färben, fuhr ich zu Rahel und dort trafen wir noch Olga und gemeinsam wanderten wir auf den Castle Hill. Boah, so früh nach dem Aufstehen war das eine echte Tortur, aber schön, wo die Sonne grad aufging und wir mit einem hammermäßigen Ausblick über ganz Townsville belohnt wurden. Glück gehabt: die letzten Tage war es morgens immer ganz diesig, bevor es über den Tag aufklarte. Heute aber perfektes Wetter für unser Vorhaben. Ausnahmsweise hat mal wirklich alles geklappt, was geplant war.

Blick Richtung Hafen, Casino-Halbinsel und Innenstadt
Blick Richtung Hafen, Casino-Halbinsel und Innenstadt

Erstaunlicherweise kamen uns echt viele Jogger und so entgegen, als wir an der Straße das letzte Stück zum Gipfel hochgestapft sind – soo was tolles ist das hier offenbar nicht. Oben war es nicht so voll wie erwartet, aber sehr viele junge Leute waren da. Das war erstaunlich, die sind doch sonst immer so faul. Meine Mitbewohnerin war noch (!) wach als ich das Haus verließ. Offenbar war ihr Film noch nicht rum. Die hat ja zum Beispiel überhaupt keine sozialen Kontakte außerhalb von Uni und Arbeit und skyped immer nur mit ihren virtuellen Freunden.

wer hätte das gedacht: es klappt!
wer hätte das gedacht: es klappt!

Nassgeschwitzt kamen wir oben an und dann war der Wind doch echt frisch und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass so ein Mond vor der Sonne doch auch ein bisschen von der Wärme wegnimmt. Fast hätte auch meine Lochkamera nicht funktioniert, weil die Cornflakeskartons für den Wind etwas zu instabil waren. Aber es hat wirklich geklappt und ein sehr winziges, aber perfektes Abbild der teilweise verdeckten Sonne war tatsächlich auf dem weißen Papier zu sehen und viele der außenrum-Stehenden kamen und wollten es auch mal sehen. Dann die Obergaudi – wir sagen noch als wir hochlaufen und die Vans von den regionalen Fernsehsendern sehen „oh Gott, hoffentlich kommen wir nicht ins Fernsehen“ und plötzlich – ich sag grad zu Olga „Oh schau, da! Es funktioniert!“ und zeige auf meinen Cornflakeskarton – steht dieser Kerl neben mir mit gigantischer Kamera auf der Schulter und so nem Puscheldings in der Hand, das er mir unter die Nase hält.

morgendliches Basteln
morgendliches Basteln

Er war von WinNews, einem nicht wirklich ernstgenommenen Nachrichtensender und hat mich gefragt, was ich denn da mache und wie das funktioniert. Ich hatte natürlich überhaupt keine Ahnung, wie das funktioniert, also habe ich halt einfach drauf losgequatscht, was hier abgeht und er war dann ganz begeistert, dass wir es ja so toll finden, zufällig hier zu sein, wo so ein Naturphänomen in Townsville zu beobachten ist. Dann hat er auch noch Rahel befragt und es war einfach echt lustig und uuunglaublich peinlich. Aber gut, wir sind jung und haben Spaß, sollen die andern das doch auch mitbekommen.

doch ein bisschen besser so
doch ein bisschen besser so

Mit der Lochkamera funktionierte das ganze Spektakel zwar ganz gut, aber das Bild war so winzig, da hat es das kaum gebracht. Das Sonnenlicht wurde dann auch merklich dunkler, oder eher: weniger hell, und so wirklich viel hat man dann auf dem Papier nicht mehr gesehen. Aber Rahel hatte so ein dickes grünliches Glas, mit dem man schauen konnte und ihre eine Mitbewohnerin hatte eine normale Papierbrille, so wie man sie bei uns zu kaufen kriegt und so war das ganz ok. Mit der Brille vor der Kamera konnte man sogar ganz interessante Bilder machen, deswegen kommt ihr in den Genuss, sogar Fotos zu meiner Beschreibung zu bekommen.

 

Die meisten der Anwesenden blieben nur bis zur maximalen Verdunkelung der Sonne, wo nur noch ein dünner Streifen oben zu sehen war, der nicht vom Mond bedeckt wurde. Als dann das Sonnenlicht wieder heller wurde (irgendwie auch viel heller als sonst, hatte ich das Gefühl – selbst wenn man in die andere Richtung schaute), waren die meisten also schon wieder auf dem Weg den Hügel runter. Es waren aber auch sehr viele da, die gar keine Brillen oder Brillenersatz mithatten und nur mit Sonnenbrillen oder durch ihre Kameraobjektive und –filter geschaut haben. Geoffs Kommentar dazu: “Gotta love the deadshits standing in maccas carpark staring directly into the sun with no glasses, protesting that they can't see anything! Look harder fellas, look real hard!” (Zur Erklärung: deadshits » Volltrottel, Maccas = McDonalds, fellas = fellows = Leute/Jungs/Freunde) Soviel dazu, Aussies sind wirklich manchmal ein bisschen doof ;)

oh Hilfe, es ist so hell!
oh Hilfe, es ist so hell!

Nach ein paar Stündchen Schlafnachholen gerade, bin ich nun wieder im Stande, meine Augen offen zu halten und mich endlich an meinen neuen Blog zu setzen. Arbeit heute Abend wird sicher eine Katastrophe wenn die Hälfte der Staffs die halbe Nacht durchgemacht haben.
Aber zurück zum Thema: ich muss ja auch noch von den letzten Tagen erzählen. Sonntag Abend sollte groß Abschied gefeiert werden, Tobi und Andi sind am Montag mit ihrem Van losgereist und alle anderen hauen auch im Laufe der Woche von hier ab. Also war für Samstag erst Picknick im botanischen Garten geplant, was dann dank schlechtem Wetter und Regen (REGEN!!) zu Tobi nach Hause verlegt wurde, und nachts nach Einbruch der Dunkelheit wollten wir in der Riverway Lagoon, dem kostenlosen öffentlichen Pool von dem ich mal erzählt hatte, schwimmen gehen. Leider fiel das auch ins Wasser…äh ins Trockene – denn zwei nette Security-Menschen passten auf und erlaubten uns auch nicht, schwimmen zu gehen, obwohl es unser letzter gemeinsamer Tag in Townsville war und wir mit großen Hundeaugen geschaut haben.

 

Dafür gibt’s jetzt schöne nächtliche Pool-Fotos mit perfekter Spiegelung und so und außerdem bin ich genau zur richtigen Zeit nachmittags von Tobi losgefahren, um tausende Flughunde zu sehen, die sich gerade auf den Weg zum Abendessen machten. Der Hammer, plötzlich war der ganze Himmel dunkel getupft mit träge dahinschwebenden Mini-Vampiren. Das war ne echt coole Sache, und demnächst fahr ich nochmal hin mit Stativ und allem und versuch, noch schärfere Bilder zu kriegen.

 

 

 

 


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