Cultural Encounters

Man kann ja sagen, was man will – anpassen tut man sich doch ziemlch schnell an alles, was hier so abgeht. So habe ich angefangen mir jetzt wie die schick gekleideten Business Ladies jeden Morgen statt Frühstück an der Bahnstation einen Becher Tee-Zeugs für nen Dollar zu holen. Das ist hauptsächlich Wasser und pappsüß, aber macht voll satt. Außerdem scheint mir das bottled destilled water hier nicht so zu bekommen, also alles besser als das ;)

Sri Mariamman Temple
Sri Mariamman Temple

Heute war ein mega anstrengender Tag, also wir nicht so arg viel Zeit hat grade, sollte das Lesen auf später verlegen. Denn es gibt viel zu berichten von Löwen mit Fischen und Tempeln mit Buddhas und Stahl mit Glas und Brunnen mit Wasser und und und… Heute war nämlich Kulturspaziergang angesagt und zwar laut Karte etwa insgesamt siebzehn Kilometer zu Fuß. Demenstprechend bin ich jetzt einigermaßen kaputt und nutze den angefangen Abend und die platten Füße zum Entspannen mit Laptop auf dem Schoß und 1$-Tee-Gesöff in der Hand.

Gopuram des Sri Mariamman Temple
Gopuram des Sri Mariamman Temple

Wie gestern bereits berichtet, gibt es hier an jeder Straßenecke einen oder mehrere Tempel. Gleich 2 Gehminuten vom Hostel entfernt gibt es je einen buddhistischen und einen Hindu-Tempel, die mir schon öfters aufgefallen waren. Stellte sich heraus, man kann da auch rein. Zunächst ließ ich meine Schuhe auf dem Haufen von hunderten anderen draußen vor dem Eingang und ging in den hinduistischen Sri Mariamman Temple. Überall auf den Mauern sitzen bunte Wachkühe, die aufpassen, dass man auch ja barfuß ist – was bei den ganzen Touristen jedoch mittlerweile nicht mehr so gut geht…sockig ist inzwischen auch erlaubt.

 

Jeder größere Hindu-Tempel hat so einen Berg von Göttlichkeiten am Eingang stehen, sowas nennt sich „gopuram“, wird aber fälschlicherweise auch öfters als Pagode bezeichnet. Sie war beim Sri Mariamman Temple von jeher Zeichendafür , dass das „Gesinde“ dort nichts verloren hat. Denn draußen davor auf der Pagoda Street spielte sich bis ins späte 19. Jahrhundert hauptsächlich Opium- und Sklavenhandel ab; die Hindus wollten sich davon natürlich abgrenzen.
Genauso auch die ganzen bunt bemalten Gottesbilder und Statuen und Wandmalereien, alles ziemlich aufwändig und mit viel Gold und einwandfrei sauber, damit die Opfergaben nicht faulen. Zudem ist der Sri Mariamman auch noch der älteste Hindutempel in ganz Singapur, er wurde schon 1827 gebaut und ist der Muttergöttin der Hindus gewidmet.

Sri Drowpathai Amman Homam-Vorbereitungen
Sri Drowpathai Amman Homam-Vorbereitungen

In ihrem Tempel war es ganz schön lustig. Da war grade ein Sri Drowpathai Amman Homam zugange um das sonntägliche Manjal Kudam Abishegam vorzubereiten (fragt mich bitte nicht, was das ist), wobei ein hässlicher Mann mit zu wenigen Kleidern in einer ganz schrecklich tiefen Stimme seltsame Sachen sang, dazu spielten Männer auf so Tröten und Trommeln und ein kleiner dicker Mann mit Zopf bot einer Götterstatue Opfer dar. Fotografieren durfte ich nur nachdem ich eine Fotografiermarke für meine Kamera für 3$ gekauft hatte (dadurch sind mir drei 1$-Tee-Gesöffe entgangen..welch Wucher).

Buddha Tooth Relic Temple
Buddha Tooth Relic Temple

Als ich meine Schuhe wiedergefunden hatte, ging ich direkt zum nächsten heiligen Ort – dem Buddha Tooth Relic Temple. Ins Museum ging ich nicht – muss ja sparen – also sah ich den besonders eindrucksvollen Zahn des Buddhas leider nicht. Die Haupthalle des Tempels war aber frei zugänglich – aber bloß die Schuhe anlassen!! (können die sich nicht mal einigen?) – und da lief grade ebenfalls eine Opferzeremonie. Ganz anders als bei den Hindus wurde nicht gesungen und alle machten mit, sondern drei Mönche lasen eine Art Gebete vor und alle anwesenden Gläubigen hörten zwar zu aber beteten jeder für sich. Die komplette Halle war superschön geschmückt, überall hängen chinesische Glückssymbole und die Wände sind bis oben an die Decke komplett voll mit kleinen und größeren Buddhas, die alle für etwas anderes stehen. Mitten im Raum saß ein überlebensgroßer goldener Buddha vor einer goldenen Wandstickerei, alles also sehr pompös und protzig, aber total imposant.

Buddha Tooth Relic Temple
Buddha Tooth Relic Temple

Überall lagen Opfergaben rum – es gab sogar einen kleinen Laden wo man sich seine Opfergaben kaufen konnte (der Sinn vom Opfern geht da meiner Meinung nach ein bissl verloren, aber die werden schon wissen, was sie tun). In einem zweiten Raum standen weitere Statuen und teilweise wurden denen lustigerweise ganze Paletten mit 0,5l-Wasserflaschen geopfert. Wenn die bis heut Abend so weitergemacht haben, kann man die Buddhabildnisse also vor lauter Plastik mittlerweile bestimmt praktisch gar nicht sehen.

der Schuster an der Ecke in seinem Lädchen im Business-Viertel
der Schuster an der Ecke in seinem Lädchen im Business-Viertel

Mit so vielen neuen Eindrücken und Gerüchen beladen, machte ich mich dann auf den langen Marsch in Richtung Singapore River. Durch diverse hübsche kleine Parks und Grünanlagen mit schönen Blumen und neugierigen Schmetterlingen hindurch kam ich schließlich in eine Art Vorort des Central Business Districts von Singapur – heißt so viel wie: außenrum hohe Wolkenkratzer, dazwischen Food Courts und alle paar Meter ein kleiner alter Mann mit seinem Schusterladen (s. Foto). Nach vielen hinderlichen Baustellen (hab mich fast gefühlt wie daheim in Karlsruhe…) sah ich dann endlich die ersten Ausläufer der Skyline. Direkt am Singapore River beginnt das Banken- und Geschäftsviertel am Boat Quay (locally spelled: „Bott Kii“).

Boat Key am Singapore River
Boat Key am Singapore River

Ein kleiner Streifen ist jedoch in seinem ursprünglichen Zustand belassen worden seit Sir Thomas Stamford Raffles 1819 hier an Land ging und im Namen der British East India Company einen Britischen Handelsposten aufbaute. Grund dafür war hauptsächlich, einen freien Hafen aufzubauen, der auf halbem Weg der Handelsroute zwischen China und Indien lag. Weil Singapur früher zu Dänemark gehörte, gab es da einige Schwierigkeiten; erst als Indonesien 1824 an die Dänen ging, bekamen die Briten dafür Singapur.

Ersatz-Merlion
Ersatz-Merlion

Am Fluss begann also alles Leben Singapurs. Zufälligerweise soll laut einer Legende auch lange vor Raffles der erste Mensch Singapur an genau diesem Ort erreicht haben. Sang Nila Utama aus Sumatra ging an Land und sah ein Tier am anderen Ufer, das ihn an einen Löwen erinnerte und er nannte daraufhin den Ort „Singa Pura“ – „Lion City“.

 

In den letzten Jahren wurde im Rahmen von riesigen Baumaßnahmen im ganzen Stadtgebiet auch die Uferpromenade erneuert. Jetzt kann man vom Boat Quay aus bis zum Hafen hinauslaufen, immerzu ohne viel Schatten aber dafür auf ebenem Boden und an Kunst vorbei, die eigentlich einen Vogel mit gigantischen Füßen darstellen soll, aber auf den ersten Blick aussieht wie ein Arsch mit Beinen...
Am Übergang von Singapore River und Marina Bay (dem erweiterten Geschäftsviertel) steht am äußersten Eck die Statue von besagtem Löwen, der Singapur seinen Namen gab. Leider im Moment mit einem riesigen grünen Bauvorhang verhangen, aber eine kleine Replik steht daneben: der Merlion, das Wahrzeichen der Stadt.

Mittagspause im Central Business District
Mittagspause im Central Business District

Seit 1972 gibt es das Viech und sein Kopf symbolisiert die „Lion City“. Wieso nur der Kopf? Naja, der Rest ist nicht wirklich Löwe sondern eher Fisch. Singapurs ursprünglicher Name (keine Ahnung wo sie den herhaben wo doch der Sumatra-Prinz angeblich der Erste war, der kam) war „Temasek“, was so viel bedeutet wie „Sea Town“, daher also der Fisch. Dafür, dass es sich nach einer seltsamen Kreuzung anhört, schaut der Merlion sehr freundlich drein, ein gescheites Foto konnte ich allerdings nicht ergattern weil immer zu viele Asiaten drumrum standen und Peace-Finger in die Gegend gestreckt haben.

v.l.: Singapore Flyer, Double Helix Bridge, Opernhaus (wie eine Blüte), Marina Bay Sands Hotel & Mall, Esplanade bis zum eingepacken Original-Merlion
v.l.: Singapore Flyer, Double Helix Bridge, Opernhaus (wie eine Blüte), Marina Bay Sands Hotel & Mall, Esplanade bis zum eingepacken Original-Merlion

Von diesem riesigen Gelände, das den Boat Key mit dem Merlion und den ganzen großen Banken- und Hotel-Wolkenkratzern verbindet, kommt man direkt weiter zum Art Science Museum. Das ganze Gebiet wurde neu erschlossen und nennt sich „The Esplanade“. Alles was gegenüber der Mündung des Singapore Rivers liegt scheint komplett aus Glas und Edelstahl gebaut worden zu sein. Ziemlich schrecklich zwar, aber ganz angenehm durchzuschlendern. Für meinen Geschmack nur etwas zu steril teilweise. Besonderes Highlight ist natürlich das um die 200 Meter hohe Marina Bay Sands Hotel mit seinen drei einzelnen Gebäuden, die im obersten Stock miteinander verbunden sind mit etwas, das aussieht wie ein gestrandetes Boot. Ganz oben gibt es einen Pool, der wohl bis zum Rand des Gebildes gehen soll und von wo man einen atemberaubenden Blick auf die Skyline haben muss. Für arg viel Geld kommt man zwar hoch aber nicht in den Pool und nur als Hotelgast (ergo noch arg viel mehr viel Geld) darf man mal im Pool plantschen – das kommt dann also nächstes Mal wenn ich hier vorbeikomme ;)

Gondoliere in der Marina Bay Sands Mall
Gondoliere in der Marina Bay Sands Mall

Unter dem Marina Bay Sands gibt es eine Shopping Mall mit nur dem Besten vom Besten, vorne dran stehen auch nur Aston Martins und Lamborghinis und Bentleys und so. Was aber ganz cool ist: vor dem Eingang zur Mall ist eine gigantisch große Glasschale in den Boden eingelassen, zu jeder vollen Stunde läuft da Wasser rein, was dann nach und nach unten durch ein Loch schwappt und dann im Inneren der Mall im Untergeschoss von der Decke tropft. In dem Einkaufszentrum gibts also unten eine Art Kanal, ziemlich protzig, aber irgendwie geil. Nur die Gondeln, die dadrauf hin und her schippern sind meiner Meinung nach leicht übertrieben…

Double Helix Bridge
Double Helix Bridge

Wenn das Land aufhört, ist die Esplanade noch lange nicht vorbei. Über eine sehr elegante geschwungene Brücke, die einem doppelten DNA-Strang nachempfunden ist (der den Fortschritt, die Erneuerung und die Einzigartigkeit der Stadt symbolisieren soll), kommt man ganz locker ans andere Ufer der Bay, vorbei an den ganz seltsam pieksig-runden Gebäuden des Theaters und zurück an den Fluss. Zum Clarke Quay ein paar Straßen weiter habe ich es leider nicht mehr geschafft. Ich war schon so geschafft, dass ich noch vor dem Abendessen ein traditionell malaysisches Eis am Stiel essen musste. War allerdings ziemlich lecker – wie eine Mischung aus In-Milch-pürierten-Mangos und Fruchtzwerge-Eis.

kein Wunder ist es hier so sauber - die haben überall kleine Müll-Verstecke
kein Wunder ist es hier so sauber - die haben überall kleine Müll-Verstecke

Auf dem Rückweg zur Bahn bin ich dann nur noch schnell an der Fountain of Wealth vorbeigeschlappt, dem größten Brunnen der Welt, der inmitten eines riesigen Gebäudekomplexes im Norden der Bay liegt, der komplett unter Berücksichtigung des Feng Shui geplant wurde. Die fünf Haupttürme stehen um den Brunnen herum und stehen da wie eine geöffnete menschliche Hand, die als Glück und Erfolg garantiert. Alle umliegenden Hotels haben beispielsweise keine scharfen Kanten oder niedrige Decken, sodass der Energiefluss nicht gestört wird. Achteckige Fenster symbolisieren irgendwas, das negative Energie abwehrt. Der Brunnen an sich gilt als Glücksbringer, dass nicht nur Wasser, sondern auch die Geschäfte sprudeln.

Heute Mittag lief der Brunnen nicht, deswegen mache ich mich gleich nach meinem opulenten Mahl aus getrockneten Mangos und Käsekräckern (zu mehr fehlt mir irgendwie die Lust bei der Hitze) nochmal dorthin auf um die Multimedia-Laser-Beleuchtung zu sehen. Fotos gibts dann morgen.
Ich hoffe, ihr habt so viel Geschichte und Kultur und Sightseeing überlebt – freut euch, dass ihr alle Infos und Bilder bekommt, ohne euch die Füße platt zu laufen ;)

 


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