Von weißen Stränden und Städten aus Stein

So wirklich entspannt ging unser Entspannungs-Urlaub auf Sansibar ja nun nicht los. Wir hatten zwar eine Charge Klamotten zum Wechseln im Handgepäck, wie sich das auf langen Reisen gehört. Aber Badeanzug, Badeschuhe, Taucherbrille und alltägliche Dinge wie die Haarbürste fehlten. Da wir noch davon ausgingen, dass alles Gepäck seinen Weg zu uns finden würde, gingen wir erstmal nicht für Ersatz shoppen.

Aussicht von der Hotelterrasse
Aussicht von der Hotelterrasse

Wir hatten uns einen Besuch in Sansibar-Stadt eigentlich für den zweiten Tag vorgenommen, aber da wir definitiv besser ausgestattet waren für eine Runde bummeln und Stadt gucken als für Strand, fuhren wir eben direkt am nächsten Morgen. Vom Rezeptionisten bekamen wir die Info, dass alles Gepäck von unserem Flieger immerhin schon auf Sansibar gelandet sei. Die Fahrtzeit vom Flughafen zum Hotel beträgt anderthalb Stunden, also waren wir zuversichtlich, dass unsere Koffer auf uns warten würden, wenn wir vom Tagesausflug wiederkämen.

Weil wir noch leicht kaputt waren, entschieden wir uns für einen direkten Transfer vom Hotel, und so fuhren wir von der West- zurück an die Ostküste der Insel im klimatisierten Minivan und nicht in einem der in Tansania typischen Daladalas. Da es keinen offiziellen ÖPNV gibt, fahren in Tansania private Leute mit umgebauten Kleinbussen vordefinierte Routen ab. Einen festen Fahrplan gibt es nicht, sondern das Daladala fährt am Startpunkt der Route los, sobald es voll ist. Meist wird die Werksausstattung rausgerissen und das Gefährt stattdessen mit schmaleren Sitzen ausgestattet, damit mehr Leute darin Platz haben. Und zur Not können die Fahrgäste sich auch in die Fensterrahmen quetschen oder hinten auf der Stoßstange stehend mitfahren.

Stone Town: arabisch, bunt und holzverziert
Stone Town: arabisch, bunt und holzverziert

Für uns ging es also eher luxuriös in die Inselhauptstadt. Eigentlich hatte ich ganz viel geplant für die paar Tage auf Sansibar, zum Beispiel eine Radtour mit einheimischem Guide entlang der Nordküste. Der Reiseveranstalter hatte empfohlen, alles erst vor Ort zu buchen und damit hatte er wirklich Recht. Denn es war dann doch so heiß und drückend, dass "einfach nur Strandurlaub" ausnahmsweise genau das richtige für uns war und vor Ort wollte ich dann gar nicht mehr so viel Action.

Aber Stone Town musste natürlich sein, das ist das Altstadtzentrum der Hauptstadt Zanzibar City. Der Name erschließt sich schnell, wenn in Stone Town ankommt. Wo außenrum in den Dörfern eher mit Holz oder Lehm gebaut wird, ist Stone Town fast komplett aus Korallenstein gebaut. Der Sultan von Oman errichtete hier seine Residenz Mitte des 19. Jahrhunderts, weil es mit dem Hafen ein perfekter Ort für den Ausbau seiner Macht war. Zu der Zeit war Sansibar weltgrößter Produzent von Gewürznelken, und auch Sklaven konnten von hier gut verschifft werden.

typische Architektur in Stone Town
typische Architektur in Stone Town

Hübsch aussehen tut es in Stone Town und die UNESCO bestätigt das mit dem Weltkulturerbe-Titel. So viele von solchen Welterbestätten habe ich jetzt schon besuchen können und noch nie habe ich wirklich überlegt, wieso die das werden. Das habe ich jetzt mal recherchiert und es gibt verschiedene Kriterien, die wenigstens zum Teil erfüllt werden müssen, um die UNESCO-Anerkennung zu bekommen. Stone Town zum Beispiel ist laut Wikipedia "eine herausragende materielle Sichtbarwerdung einer harmonischen Verschmelzung von Kulturen". Die persich-omanische Architektur fällt auch absolut auf, wenn man schon mal im arabischen unterwegs war. Die steinernen Häuser sind oftmals mit wunderschönen Holztüren versehen und haben ein, zwei Stufen davor, die zum Hochwasserschutz dienen sollen, aber hauptsächlich als Bank oder Warenauslage genutzt werden. Dazu gibt es an manchen Gebäuden wunderschöne mit Schnitzereien verzierte Balkons und Dachterrassen-Pavillons.

Gasse in Stown Town
Gasse in Stown Town

Die Gassen zwischen den Häusern sind super eng und verwinkelt, Straßenschilder haben wir nicht entdeckt - man kann sich also ganz hervorragend verlaufen, was wir auch direkt geschafft haben. Witzigerweise fanden wir ganz zufällig zu einem Restaurant, das wir gar nicht gesucht hatten, was ich aber vorher als Empfehlung online gefunden hatte. Das Secret Garden ist in einem eingemauerten herrlich begrünten Hinterhof, wo man von dem ganzen Trubel draußen in den Gassen gar nichts mitbekommt. Erstaunlich, denn in Stone Town ist es vor allem eins: trubelig und hektisch und laut und eng. Die Geschäfte entlang der Gassen sind oft winzig klein und haben den Großteil ihres Angebots draußen stehen. Als Tourist wird man permanent angequatscht und es werden einem Dinge unter die Nase gehalten. Weil wir das nicht so mögen, haben wir unsere Postkarten bei einem Mann gekauft, der fast schon genervt wirkte, dass wir ihn von seiner Schnitzarbeit abhielten. Es standen feste Preise überall dran und keiner belaberte uns, sehr sympathisch. Auf den Darajani Market haben wir uns so gut wie gar nicht getraut, weil es einfach so unglaublich voll und stinkig war - es war mitten am Tag in der größten Hitze und der Fischmarkt nimmt einen großen Teil der Markthalle ein...

eindeutige arabische Spuren in Stown Town
eindeutige arabische Spuren in Stown Town

Dafür stiefelten wir durchs Old Fort, die alte arabische Festung am Hafen, und die Forodhani Gardens, einen großen Park direkt am Wasser, wo man eine bunte Mischung aus traditionellen Dhow-Fischerbooten und neuen Touristenbötchen sieht und wo die Einheimischen genau wie die Europäer gerne zum Verschnaufen sitzen.

Insgesamt war das schon ein ganz netter Tag, aber die drei Stunden haben dann auch gereicht. Vielleicht müsste man mal in der Regenzeit herkommen, dann wäre es weniger voll. Andererseits hat man dann natürlich nicht so viel vom Rest der Insel.

Secret Garden Restaurant
Secret Garden Restaurant

Unser Gepäck wartete natürlich nicht auf uns, als wir von Stone Town zurück zum Hotel kamen. Der Rezeptionist sagte uns, es sei unterwegs, aber der Lieferant hätte seine Runde vom Flughafen um die Insel im Norden angefangen, es sollte also noch im Laufe des Nachmittags bei uns sein. Wir richteten uns also so gut es ging im Schatten ein, denn alle verfügbaren Hosen und Oberteile waren zwar dünn, aber leider langärmlig und -beinig.
Eine spätere Nachfrage ergab, das Gepäck wäre bis 21 Uhr bei uns. Als die Rezeption uns um 22 Uhr immer noch keine weitere Aussage geben konnte, ging ich ins Bett, wie üblich mit Stöpseln in den Ohren. Doof, denn ohne Stöpsel hätte ich Papa um kurz nach 22 Uhr an meine Bungalowtür klopfen hören. Er wurde von der Rezeption kurz vorher nach draußen geholt, um im Transporter auszuwählen, welche denn unsere Koffer seien. Dafür hat man also einen Namensanhänger am Koffer. Dafür hebt man sorgfältig den Gepäckzettel auf, mit dem eindeutig jeder Koffer identifiziert werden kann. Dafür also auch die ausführliche Farb-, Größen- und Markenbeschreibung, die wir dem aufdringlich netten Officer am Flughafen für jedes einzelne Gepäckstück geben mussten. 

Offensichtlich wurde einfach Gepäck in den Transporter (der eigentlich ein Minivan-Taxi war) geworfen, bis er voll war, dann ist der Fahrer losgedüst und an jedem Hotel durften sich die Gäste ihr Gepäck selbst raussuchen. Bei der Anzahl der Passagiere und der Größe des Autos schätzte Papa, dass er wohl mindestens drei Runden um die Insel machen musste. Wir konnten es uns bildlich vorstellen: an jedem Hotel wurde das gesamte Gepäck ausgeräumt und schön säuberlich nebeneinander aufgereiht, die Gäste zusammengetrommelt und das Raussuchen begann. Vielleicht gut, dass wir wohl das letzte Hotel auf seiner Route waren, so hatte Papa im Stockfinstern unsere sieben Koffer unter insgesamt nur noch neun übrigen auszusuchen. Kein Wunder, dass unser Gepäck für die eigentlich nur 55 Kilometer (mit Umweg über den Norden maximal 200 Kilometer) vom Flughafen geschlagene 25 Stunden seit unserer Landung gebraucht hat.

Hotel-Aussicht
Hotel-Aussicht

Wohl noch nie hab ich mich so gefreut, den Morgen mit Auspacken zu verbringen! Und was kamen da für schöne Dinge zum Vorschein: Bikini, Badeschuhe, Taucherbrille, Pareotuch, Kopfbedeckung, die große Tube Sonnencreme, ... Meer und Strand und Pool waren also endlich möglich!

Wir machten mit unseren Kenia-Reisegefährten trotzdem auch einen Ausflug auf eine Gewürzfarm. Sowas kannte ich schon von der Karibik, aber es ist doch immer wieder nett, erklärt zu bekommen, wo alles herkommt. Und vieles kennt man eben doch nur in der getrockneten oder gemahlenen Version und würde nie erwarten, wie groß und knallrot-gemustert eine Muskatnuss ist, wie hübsch Ingwerblüten aussehen wenn sie sich öffnen, wie rosa Gewürznelken sind lang bevor sie im Glühweintopf schwimmen, und wie filigran die Blüten des Kakaobaums aussehen, vor allem wenn man bedenkt wie massiv und riesig die Kakaofrucht ist.
Wie es sich gehört für ein Land mit Palmen kletterte ein kleiner drahtiger Mann wie ein Affe eine Kokospalme hoch. Und nebenbei wurden wir von Colobus-Äffchen beobachtet, die Haare haben wir Albert Einstein. 

Fischerboote bei Ebbe (und ganz weit hinten die Algen-Frauen (genannt Seaweed-Mamas)
Fischerboote bei Ebbe (und ganz weit hinten die Algen-Frauen (genannt Seaweed-Mamas)

Wir waren wirklich ziemlich faul an den Tagen an Sansibars Ostküste. Unser Hotel hatte aber auch direkten Zugang zum Strand und damit in den badewannenwarmen Indik. Der fühlte sich tatsächlich fast wärmer an als der Hotelpool. Und ja, ich musste auch im Pool baden gehen (wo ich das doch immer so doof finde, wenn Meer direkt vor der Tür ist), aber der Tidenhub ist gewaltig und die Hälfte des Tages war das Wasser so weit draußen, dass man es nur erahnen konnte. Weil bei Niedrigwasser so viel Strandfläche trockenfällt, sieht man oft Frauen weit draußen entlanglaufen und Algen ernten. Wir waren nicht so weit draußen, aber im Internet habe ich Bilder gesehen von niedrigen Konstruktionen aus Ästen, die im Meeresboden stecken mit Schnüren dazwischen gespannt, wo sich die Algen ansiedeln und dann bei Ebbe einfach abgepflückt werden können. Sansibar ist Afrikas wichtigster Produzent von Algen. Die werden teilweise lokal verarbeitet, zum Beispiel in Seife oder anderer Kosmetik, der Großteil wird getrocknet, gemahlen und dann in die ganze Welt exportiert.

manchmal machen es sich Biologen ja schon leicht: "Er ist klein, er hat einen gelben Kopf, lasst ihn uns gelbköpfigen Zwerggecko nennen!"
manchmal machen es sich Biologen ja schon leicht: "Er ist klein, er hat einen gelben Kopf, lasst ihn uns gelbköpfigen Zwerggecko nennen!"

Am Strand findet man auch sonst allerhand nette Dinge, zum Beispiel sehr schöne bunte Muscheln und Schneckenhäuser (nur selten noch bewohnt). Eine handtellergroße Lambis-Muschel lag ganz freigespült unter dem Steg, der zu unserer Hotelbar rausführte. Die Bar war 100 Meter draußen und ein ganz wunderbarer Ort für einen Absacker nach dem Abendessen, was es in einem aus Holz gebauten und mit Palmwedeln gedeckten Pavillon gab. Ich kann absolut verstehen, warum viele Europäer, Araber und Amerikaner für ihre Flitterwochen nach Sansibar kommen wollen.
Bei einem Spaziergang am Strand entlang (wo man leider wirklich alle paar Meter von jemandem angequatscht wird, ob man irgendwas gucken, kaufen, ausprobieren will) habe ich spontan einen Schnorchelausflug gebucht. Für mich und drei andere Deutsche wurden die Segel an einem traditionellen hölzernen Auslegerkanu gehisst und wir wurden rausgebracht ans Riff. In der Badewanne namens Indischer Ozean konnte man fast ohne Strömung einfach durch die Gegend treiben, nicht mal Flossen haben wir gebraucht. Super viel aufregendes zu sehen gab es zwar nicht, aber Schnorcheln ist halt immer schön und vor allem schön erfrischend, wenn es tagsüber immer über 30 Grad und über 75% Luftfeuchte hat.

Hotelbar
Hotelbar

Zwar ein paar sehr faule Tage, aber alles in allem doch ein gelungener Abschluss eines extrem gelungenen Urlaubs in Ostafrika. Wer hätte das gedacht, dass uns ein paar Tiere in der Savanne so begeistern würden und dass auch die Savanne selbst so vielseitig sein kann.

Ich glaube, ich komme wieder, vielleicht nächstes Mal irgendwo hin, wo man Erdmännchen sehen kann, denn das eine Tier gab es dann halt doch, was auf unserer wollen-wir-sehen-Liste stand, was es aber nicht zu sehen geb. Eine Foto-Reise wäre vielleicht ganz spannend, wo man stundenlang auf einem Fleck sitzt und abwartet, was passiert? Wir werden sehen. Wie immer weiß ich nur eins sicher: die nächste Reise kommt bestimmt.

 

PS: Übrigens ein nachträgliches "Herzlich Willkommen!" an alle Neuzugänge, die fleißig mitgelesen haben. Gebt Bescheid - ich habe auch einen Newsletter, der euch informiert, sobald es was neues gibt :)

 

PPS: Seid ihr alle überfordert vor so viel Getier und African Vibes oder wo bleiben die netten Kommentare, die ich sonst immer bekomme?

 

 

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Joachim (Montag, 13 November 2023 08:24)

    Liebe Tanja,
    weil du dich beschwerst, dass so wenig "nette Kommentare" kommen, will ich dir jetzt einen solchen schicken.

    Also ich fand deine Berichte wie immer interessant, amüsant und habe sie gern gelesen, weil ich auch so gar keine Ahnung von Afrika und seiner Tier- und Menschenwelt hatte.
    Vielleicht so ein bisschen aus der britischen Kolonialzeit, aber das ist ja schon lange her. Und die ganzen von dir genannten und ja auch gezeigten Tiere, sogar, ganz neu, in kleinen Filmchen, kannte ich vielleicht teilweise aus dem Zoo.
    Also ich habe viel gelernt und habe die Berichte wie immer gern und mit Interesse gelesen.
    Und wohin geht die nächste Reise?

    Das war aber nun ein langer und "netter" Kommentar, hoffentlich bist du jetzt ein bisschen beruhigt.

    Lieber Gruß und dir einen guten Start in die Woche, gut Tee in jeder Form,
    Joachim