Durch allzu enge Gassen

Ein schönes hat das fest angestellt sein ja doch: wer sich nicht langweilen will, muss sich nicht langweilen. Es hat sich doch tatsächlich super kurzfristig ergeben, dass ich nach nur sieben Tagen daheim wieder losschippern darf, dieses Mal über die Kanaren, um dort die Kollegen zu unterstützen, denen ein-zwei Scouts abhanden gekommen sind.

wer braucht schon Horizont?
wer braucht schon Horizont?

Nach dem Debakel auf der Perla habe ich beschlossen, mich nicht mehr überreden zu lassen, eine gleichbleibende 7-Tages-Route oder eine reine nicht-Übersetzen-Route zu fahren, aber für drei Wochen kann man da mal eine Ausnahme machen, zumal ich die Kanaren noch so gar nicht kenne. Tour Manager Daniel kenne ich als Scout von der Perla, also konnte es schon nicht einsam werden. Vom neuen Team wurde ich sehr herzlich aufgenommen – erstaunlich, wo ich doch so bald schon wieder abhaue. Ich fahre zwei komplette Routen mit (eine mit zehn, die zweite mit elf Tagen) und komme vorbei an Cádiz und Lissabon am Festland und an den Inseln Madeira, Fuerteventura, Teneriffa, La Palma und La Gomera. Gran Canaria findet genau dann nicht statt, wo ich da bin, also wird das nur Auf- und Abstiegshafen.

Riesen- Weihnachtsstern
Riesen- Weihnachtsstern

Mein neues Schiff heißt AIDAblu und ist baugleich mit AIDAstella, wo ich jetzt zuletzt mit Julia im Orient mit war, ist aber ein bisschen älter. Acht Jahre hat sie auf dem Buckel und interessanterweise sieht sie im Crewbereich tatsächlich schon viel älter aus als zum Beispiel die luna. Die blu kommt grade aus der Werft in Marseille und hat ein paar Neuerungen, zum Beispiel eine sogenannte „Langnese Happiness Station“, wo man sich Eis selbst zusammenstellen kann. Ich habe es noch nicht hingeschafft, aber es steht ganz oben auf meiner To-Do-Liste bevor ich absteige. Der Blumenladen musste dafür weichen. Meiner Meinung nach ja eh ein bisschen überflüssig. Die Gäste kommen zwar wirklich, um für Geburtstage und Hochzeitstage der Lieben an Bord einen Strauß oder ein Gesteck zu bestellen, aber den meisten Umsatz generieren Bestellungen über Fleurop, womit man Sträuße nach Hause schicken kann, und der Verkauf von AIDA-Quietscheentchen und Gartendeko. Letztere wurden jetzt in den Bordshop verlegt und bisher scheint keiner wirklich gemerkt zu haben, dass der Blumenladen nicht mehr da ist.

Funchal City
Funchal City

Die blu gehört zur Sphinx-II-Klasse, das ist eine Schiffsklasse höher als die luna. Größter Unterschied ist, dass es auf den IIer-Schiffen schon ein Brauhaus gibt. Wir dürfen da sogar essen gehen, wenn wir zu spät vom Ausflug wiederkommen und in der Messe nichts mehr bekommen. Dumm nur, dass wir meist entweder um kurz nach 13 Uhr kommen, wo das Brauhaus noch nicht offen hat, und dann gibt es nur Pizza und Burger im California Grill (auf Dauer echt nicht so lecker wie es klingt); oder wir kommen kurz nach 14 Uhr zurück, wo das Brauhaus zwar grade offen hat, aber mit uns auch hunderte Gäste an Bord zurück kommen und das Brauhaus binnen Minuten bis zum Rand voll ist. Da vermisse ich doch meine alte SOM Leonie, die in der Karibik beim Küchenchef ein gutes Wort für uns eingelegt hat, und dank der in Samaná immer die Messe bis 14 Uhr für uns offen blieb.

Im "poema del mar" kann man Teil der Fische werden :D
Im "poema del mar" kann man Teil der Fische werden :D

Das Ankommen an Bord war richtig witzig. Natürlich ging mein Flug wieder super früh und ich war morgens um elf schon am Hafen. Dann hieß es von Chef Daniel „Komm erstmal an und wir treffen uns um viertel vor zwölf an der Gangway.“ Die gesamte Scout-Truppe war anwesend, es war ein besonderer Tag und keiner der Scouts war auf Ausflug. So ging es mit dem gesamten Team eine Viertelstunde durch den Hafen und ins „Poema del mar“, eins der größten Aquarien Europas, wo wir eine tolle Führung vorbei an Haien, Riesenrochen, gigantischen Muränen und Nemos bekamen. Sehr entspannter erster Tag, und vor allem das Team gleich komplett kennenzulernen, hilft sehr beim Namenmerken.

typisch madeirisch: Kohl und Pinkel
typisch madeirisch: Kohl und Pinkel

Erster Hafen dann Madeira. Da war ich ja schon einmal auf der Transatlantik mit der luna, und auch da hat es mir schon richtig gut gefallen. Mit der blu liegen wir über Nacht in der Hauptstadt Funchal, also war gleich mal ein Abendessen mit den Scouties angesagt. Wir haben ein süßes Lokal gefunden, wo es „Heißen Stein“ gibt – und tatsächlich bekommt man eine heiße Steinplatte auf Alufolie auf den Tisch gestellt und der Kellner wirft dir gigantische Stücke Fleisch drauf, die er fachgerecht zerfetzt, damit sie schnell durchbraten. Man bekommt einen Latz um, weil es so spritzt und alle außenrum haben mächtig was zu lachen. Da ich ja nicht soo der Fleischfresser bin, gab es für mich ein riesiges Omelette, wobei ich ja kurz überlegt hatte, ob ich nicht Kohl und Pinkel bestellen soll, nur damit die Eltern was zu lachen haben.
Am nächsten Tag ging es dann zum ersten Ausflug der Kanaren-Route: Stadtspaziergang durch Funchal und rauf auf den Hausberg Monte. In der Stadt ist sonntags nicht wirklich was los und die Markthalle hab ich jetzt immer noch nicht gesehen und dabei will ich doch unbedingt eine Banananas probieren (und ja, das ist wirklich eine Kreuzung aus Banane und Ananas)!

zu Recht wird Madeira "Insel der Blumen" genannt
zu Recht wird Madeira "Insel der Blumen" genannt

In Funchals Straßen gibt es überall Blumenhändler, auch sonntags, und wo grade keiner ist, sieht man trotzdem an jeder Ecke Blumen. Die städtischen Sitzbänke an der Bummelstraße sind voll mit bunten Blumen bemalt und es gibt ein ganzes Viertel mit bemalten Haustüren. Das Viertel an sich ist tatsächlich nicht so was besonderes; in der Altstadt von Funchal sieht es eben aus wie in typischen portugiesischen Altstädten, also viele Häuser nicht unbedingt kaputt, aber eben so, als hätte sich seit vielen Jahren niemand mehr wirklich drum gekümmert: aus den Angeln hängende Fensterläden, bröckelnder Putz, eingeschlagene Scheiben, verbogene Fensterbretter. Und dann hatte irgendjemand 2011 die grandiose Idee, die Altstadt mithilfe von freischaffenden Künstlern zu verschönern. Sie wurden eingeladen, die Türen der Rua Santa Maria zu bemalen, möglichst bunt und möglichst individuell und abwechslungsreich. Und jetzt wird man praktisch erschlagen von all der Buntheit. Ärgerlich, dass wir bei so einem Ausflug nur so kurz Zeit haben, das ist wirklich wie ein Freiluft-Museum und man könnte vermutlich Stunden dort verbringen.

bemalte Tür in Funchal
bemalte Tür in Funchal

Wenn man dann aber in die Gondel steigt, die hochgondelt auf den Monte, hat man ganz schnell fast wieder vergessen, wie toll die bunten Türen waren. Die Aussicht auf Funchal ist unglaublich, vor allem wenn man immer die eigene Wohnung aus dem Hafen lächeln sieht. Und oben ist ein Garten am Hang, der voll ist mit exotischen Blumen und Bäumen und ganz viel portugiesischer Kachelkunst. Das Wetter war auch noch genauso wie es bei einer Kreuzfahrt sein soll und es gab das erste Sonnentanken seit gefühlt Monaten. Richtig Sommer ist hier nämlich auch nicht, auch wenn das viele vielleicht denken. Wir haben ordentlich Wind auf den Kanaren und in Lissabon war es nur neblig und grau. Der zweite Hafen in Portugal kommt direkt im Anschluss an Madeira. Auch ganz nett da, besonders das Auslaufen unter der riesigen Brücke durch, die von den Architekten gebaut wurde, die auch die Golden Gate Bridge in San Francisco entworfen haben. Entlang der ganzen Altstadt fährt man aus, man sieht alles schön gestaffelt, weil Lissabon auf Hügeln gebaut wurde. Dafür aber ganz schön anstrengend – der Stadtspaziergang in Funchal war definitiv weniger steil. Um von A nach B zu kommen, gibt es Türme mit Aufzügen, die die zu Transportierenden von der Unterstadt in die Oberstadt bringen, und es fährt eine schnucklige Straßenbahn durch die steilen Gassen. Ich hab sie leider nur von außen gesehen, aber das muss ein richtiges Erlebnis sein, denn die Wagen sind teilweise ganz alt und noch wie früher mit Holzbänken und als Fußgänger muss man ein bisschen Angst um sein Leben haben, wenn so ein Teil plötzlich um die Ecke geschossen kommt.

 

Wäre Portugiesisch nicht so eine seltsame Sprache für jemanden, der Spanisch gelernt hat, würde ich ja glatt mal wieder kommen. Wobei, eigentlich stört es mich ja nicht wirklich, wenn in meinem Urlaub nicht meine Sprache gesprochen wird…

 

 

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Tepita (Mittwoch, 31 Januar 2018 18:50)

    Gottchen - welche Farben. Schöne Route! Viel Spaß noch!

  • #2

    Sonja (Donnerstag, 01 Februar 2018 07:00)

    SONNE und Meer, herrlich! Wunderschöne Tage auf und um die Kanaren. herum!