I'm Batmaaan!

Strand und Palmen denkt man, wenn man an die Seychellen denkt. Aber was macht man im Paradies, wenn es nachts stürmt wie blöd und alle paradiesischen Strände für mehrere Tage voller Seegras lagen? Ich bin ja kein Neuling wenn es um Regenzeit an schönen Orten geht, also weiß ich, dass es immer etwas zu tun und zu erleben gibt, auf den Seychellen ist das – wer hätte das gedacht – Wandern!

Traumwetter
Traumwetter

Ja, in der Tat eignen sich die Seychellen ganz hervorragend zum Wanderurlaub. Und auch wenn es regnet und allgemein recht grau ist, so ist doch ein großer Vorteil, dass es trotzdem warm ist, denn wandern im Kalten ist nicht ganz so meins. Ich hatte einen Deutschen kennengelernt namens Markus, der nahm mich mit zum Wandern entlang eines der schönsten Trails der Hauptinsel Mahé. Er gilt als „einfach bis moderat“ und ist im Internet mit einer benötigten Zeit von zwei Stunden angegeben. Dazu muss man aber wirklich flott unterwegs sein, und wer eine Kamera dabei hat, kann gar nicht so schnell sein, denn der Wanderweg geht direkt entlang der Küste mit ganz hervorragenden Ausblicken über die Nordküste der Insel, man muss zwischendurch sogar ein bisschen kraxeln über diese riesigen Granitfelsen, die überall in der Gegend rumliegen, ohne dass man sich wirklich erklären kann, was die Natur sich dabei gedacht hat. Schön aussehen tun sie aber und sind deswegen auch sowas typisches für die Seychellen. Die Seycheller Strände wären einfach nur halb so schön, wenn nicht an den Enden diese vom Wetter rundgeschliffenen rötlichen, bräunlichen oder gräulichen Granitknubbel liegen würden.

Flughund
Flughund

Wir brauchten also pro Weg schon allein fast anderthalb Stunden, wobei wir auf dem Hinweg auch schneller hätten sein können, aber bei so schönen Fotomotiven… Wenigstens hatte Markus ein Auto und konnte uns bis zum Startpunkt des Trails fahren, sonst wäre allein für den Weg dorthin schon mindestens eine halbe Stunde drauf gegangen, denn flache Straßen gibt es ja irgendwie nicht so auf Mahé. Direkt hinter dem Schild „Anse Major Trail“ rief jemand, ob ich seiner Fledermaus Hallo sagen möchte und tatsächlich: hier lebt ein älterer Mann, der sich selbst Batman nennt, mit seinem handzahmen Flughund. Sehen tut er kaum etwas, deswegen darf man ihn nicht streicheln, weil er sonst aus Reflex beißen würde, aber füttern kann man ihn gegen ein kleines Trinkgeld. Also schnappte ich mir einen Zahnstocher und piekste damit ein Stückchen Papaya auf, das ich ihm dann anbot und schon kam er an seiner Voliere runtergeklettert und schmatzte über Kopf hängend bis das ganze Stück weg war. Flughunde sind übrigens nur eine Art der sogenannten Fledertiere und haben an sich außer einer Verwandtschaft gar nicht so viel mit Fledermäusen zu tun, aber sie haben wirklich ganz kleine Vampirzähne, wie wir sie uns zu Halloween aufs Gebiss stecken können, da will man nicht unbedingt die Finger dazwischen haben. Wenn man so ein Fledervieh aus der Nähe sieht, weiß man auch wieso Flughunde als eigene Art gelten, denn die sind riesig groß. Von meinem Balkon aus hatte ich einen tollen Blick auf die Bucht und die Hänge, an denen die Flughunde zur Dämmerung aufwachen und auf die Jagd gehen, und dabei gleiten sie dann recht nah an einem vorbei mit ihren anderthalb Metern Flügelspannweite.

Papaya-Pause
Papaya-Pause

Ich dachte, dass Flughunde generell fast blind sind, weil sie ja per Echolot auf die Jagd gehen, aber tatsächlich sehen und riechen sie extrem gut und orten ihre Beute nicht per Echo, das ist der größte Unterschied zu den Fledermäusen. Und auch der kleine Fratz auf Batmans Terrasse konnte offenbar trotz Blindheit noch so gut riechen, dass er das zweite Stück Papaya beim ersten Versuch perfekt aufspürte, als das auf meinem Knie lag. Das ist richtig niedlich, einem Flughund beim Schlemmen zuzuschauen, es schmatzt und knurpselt und danach ist nur noch ein Papaya-Bärtchen um die Schnauze zu sehen und dann kommt das Putzen dran und die lange rosa Zunge schlürft über die Nase und das Mäulchen um jeden Papaya-Rest zu erwischen.
Die lang gezogene Schnauze sieht wirklich ein bisschen aus wie bei einem Hund und daher kommt wohl auch der deutsche Name Flughund. Wenn man ein bisschen recherchiert, findet man einige ihrer Verwandten, die im Gesicht ganz anders (und nicht annähernd so freundlich) aussehen, zum Beispiel die Hufeisennasenartigen – na, wenn das kein Wort für Profi-Galgenmännchen ist! Witzige Tiere, echt. Und wir hatten Glück, dass wir auf dem Hinweg bei Batman waren, denn da war das Wetter noch grau und trüb, aber doch wenigstens trocken.

Anse Major Trail
Anse Major Trail

Das Besondere am Anse Major Trail ist der namensgebende Strand Anse Major an seinem Ende, sozusagen als Belohnung wenn man den Weg geschafft hat. Sogar die Sonne kam kurz raus als wir dort waren und das Keks-Picknick im Sand war gerettet. Einen Seycheller Strand ohne einen einzigen Touristen ohne uns zu sehen, war schon auch mal ein Erlebnis, und vor allem die komplette Abwesenheit der weiß-gelben AIDA-Poolhandtücher ist immer wieder ein kleiner Grund zum Feiern. Ganze zehn Minuten hatten wir am Strand mit Sonne (genug Zeit für ein schnelles Foto in der Hängematte, die jemand dort mal aufgebaumelt hat), dann kam der Weltuntergang um die Ecke. Wir haben den Sturm gehört, bevor wir ihn gespürt haben, und so konnten wir noch Picknickdecke und Rucksäcke schnappen und uns ins Trockene retten bevor der Regen losging. Da Anse Major bei schönem Wetter ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Einheimische und Touristen ist, gleichzeitig aber so weit ab vom Schlag liegt, gibt es seit ein paar Jahren dort einen kleinen Polizeiposten, wo über den Tag ein Polizeibeamter in einer kleinen Hütte sitzt und schaut, dass die Strandbesucher keinen Blödsinn machen. Da ist außerdem eine Outdoor-Dusche an einem Baum vor der Polizeihütte, ein einfacher Grill und ein überdachter Picknicktisch. Der Polizist war nicht da, aber der hätte uns ja eh nicht großartig vor dem Regen retten können, also machten wir es uns bequem am Picknicktisch und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Sie kamen nicht, der Regen blieb, nur der Sturm ließ wieder nach, sodass wir uns dann doch irgendwann auf den Rückweg machten.

 

im Regen auf dem Anse Major Trail
im Regen auf dem Anse Major Trail

Nach einer gefühlten Minute waren wir bis auf die Unterhose nass, aber naja, es ist ja wie gesagt warmer Regen und wozu hat man denn die tollen Wandersandalen, in die das Wasser genauso schnell rausläuft wie es reingelaufen ist. Das war schon ein bisschen Abenteuer, da über diesen plötzlich doch nicht mehr ganz so toll angelegten und gesicherten Wanderweg zurück ins Tal zu rutschen und zu stolpern. Merke: zum Wandern bieten sich die Seychellen vielleicht eher in der Trockenzeit an.
Zurück zu Hause dann ein weiterer typischer Seychellen-Moment, der eigentlich eher zum Thema des letzten Blog gepasst hätte, aber was soll‘s. In meiner Unterkunft angekommen ging gar nichts mehr, kein Strom, kein Wasser, kein Internet. Der nette Herr an der Rezeption, der gerade das plötzlich wieder strahlend sonnige Wetter nutzte, um die Verwüstungen der Vornacht aufzuräumen, schaute einmal kurz in den Sicherungskasten, zuckte die Schultern und meinte „Liegt nicht an uns“. Offenbar war die Leitung defekt und nichts, was man dran ändern könnte. „Wird schon wieder gehen bis es dunkel wird“, naja, alles wird gut und so. Und tatsächlich: gerade als die ersten Flughunde erwachten und die weiterhin strahlende Sonne fast den Horizont berührte, sprang der Kühlschrank wieder an.
Ein kleines bisschen Geduld hat wohl noch nie jemandem geschadet und wenn man welche hat, kann einem so ein kleiner Stromausfall (oder auch die zwei nächsten in den Folgetagen) eigentlich ja gar nichts anhaben.

 

 

 

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Michael aus Fulda (Samstag, 23 Februar 2019 17:56)

    Die Granitfelsen sehen wirklich sehr schön aus und erinnern mich an die Granitfelsen im Harz in Deutschland.
    Zum Vorkommen auf den Seychellen habe ich im Internet gelesen, dass sie mit der Kontinentaldrift von Afrika dorthin gekommen sind.
    Geologische Entstehung der Seychellen
    https://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id=728&edit=0