Die letzten Spuren der Sklaven

Seit über 180 Jahren gibt es keine Sklaverei mehr auf Mauritius, die letzten Reste davon sieht man aber noch heute. Die Geschichte der Insel ist geprägt von so vielen verschiedenen Einflüssen, dass man heute nicht mehr wirklich identifizieren kann, was von wem stammt. Der Linksverkehr ist eindeutig übrig geblieben aus der britischen Phase, die Gesetze und Regeln aus der französischen Kolonialzeit, die Hautfarbe zu großen Teilen von den afrikanischen Sklaven, die im 18. und 19. Jahrhundert Mauritius zu Reichtum verhalfen.

Denkmal der Sklaverei am Morne Brabant
Denkmal der Sklaverei am Morne Brabant

Zuckerrohr und Tee waren die großen Exportschlager zu Kolonialzeiten und auch Gewürze wurden angebaut. Blöd nur, dass die Kolonialherren selbst nicht aufs Feld gingen und dann also Plantagenarbeiter zuhauf benötigten. Aus Festlandafrika und Madagaskar wurden welche rangeschafft und die schufteten sich halb tot. Einige der alten Plantagenanwesen sieht man heute noch auf traumhaften Grundstücken am Hang mit toller Aussicht über den Indischen Ozean, doch das meiste hat aus dieser Zeit nicht überlebt. 1835 wurde unter britischer Herrschaft endlich die Sklaverei abgeschafft, doch einige der ehemaligen Plantagenarbeiter sind geblieben und mit der Zeit vermischten sich die Schwarzen mit den Weißen und so entwickelte sich eine Mischlingsart namens Kreol. Die Kreolen sind weder schwarz noch weiß, sondern alle Abstufungen dazwischen und heute ist man stolz auf das reiche geschichtlich Erbe der Insel.
Die UNESCO ehrt sogar die Abschaffung der Sklaverei an einem ganz speziellen Denkmal, das zum Gedenken errichtet wurde. Entlang der Küste gibt es einen sehr charakteristischen Felshügel, der ganz spektakulär über der Ebene prangt. Hierhin flohen die Sklaven, die es geschafft hatten, ihren Herren abzuhauen, und errichteten eigene kleine Siedlungen gut versteckt im Wald. 1835 dann schickten die Briten Botschafter um den ehemaligen Sklaven zu sagen, dass sie frei sind. Die Sklaven sahen nur die Offiziellen kommen und dachten sie wären entdeckt worden. Sie wollten nicht zurück auf ihre Plantagen und so entschied sich ein Großteil von ihnen für den Sprung in den Tod von der Klippe des Morne Brabant. An seinem Fuß steht heute ein Denkmal, an dem mehrere Künstler wunderschöne Statuen errichtet haben, die verschiedene Aspekte der Sklaverei darstellen.

neue Perspektiven wenn man mit dem Wassertaxi Richtung Port Louis fährt
neue Perspektiven wenn man mit dem Wassertaxi Richtung Port Louis fährt

Aber auch wenn man nicht in den Fußstapfen der alten Sklaven und Kolonialherren wandelt, gibt es einiges zu sehen in Mauritius. Verglichen mit den Seychellen gibt es hier nicht an jeder Ecke einen neuen Traumstrand, dafür aber mehr Geschichte, Kultur und Religion. Als die Sklaven frei waren und die Insel verlassen hatten, gab es plötzlich riesige Plantagen und niemanden mehr, der sie bewirtschaftete. Um den Reichtum der Insel weiter auszubauen, wurden Botschafter nach Indien geschickt, die dort neue Arbeiter anwarben um die Pflanz- und Erntearbeiten zu übernehmen. Daraufhin kamen Horden an Indern nach Mauritius in der Hoffnung auf ein neues finanziell unabhängiges Leben und sie ersetzten die Sklaven auf den alten Anwesen. Mit den Indern kam der indische Einfluss ins Land und wo die afrikanischen Sklaven ihre Religion und Traditionen noch im Geheimen ausüben mussten, waren die Inder als freie Arbeiter gekommen und praktizierten ihre Kultur ganz öffentlich. Hindutempel und -statuen wurden errichtet, ganze Dörfer wurden überschwemmt von Hindus und sind bis heute fast ausschließlich von indisch-Stämmigen bewohnt. Auch sie vermischten sich mit den übriggebliebenen freien Sklaven und den Kolonialherren, sodass sich eine weitere Hautfarbe und weitere Sprachen ins Land mischten.

Hindutempel am Grand Bassin
Hindutempel am Grand Bassin

Noch heute gehört fast die Hälfte der Bevölkerung dem hinduistischen Glauben an und an jeder Ecke findet man kleine Altäre und Statuen oder die riesigen Tempel mit ihren Bergen aus knallbunten Gottheiten auf dem Dach. Wahl-Fremdsprache in der Schule ist für viele daher Hindi, denn Englisch und Französisch ist sowieso verpflichtend und Kreol sprechen alle zu Hause. Man findet tatsächlich die größte Hindu-Pilgerstätte außerhalb Indiens hier in Mauritius. Am sogenannten Grand Bassin, dem „Großen Becken“, reihen sich Hindu-Statuen entlang des Ufers aneinander und die drittgrößte Shiva-Statue der Welt wacht über das ganze Areal. Der Legende nach war Shiva auf seiner Reise zu den schönsten Orten der Welt, als er in Mauritius eine Pause einlegte. Aus seiner Flasche, die er als Proviant mit Wasser aus dem heiligen Fluss Ganges gefüllt hatte, nahm er einen tiefen Schluck und verschüttete dabei ein paar Tropfen. Sie fielen auf die Erde und bildeten das Grand Bassin, was natürlich seither genauso heiliges Wasser hat wie der Ganges. Jedes Jahr zum Taipusem-Festival pilgern hunderte und tausende Hindus aus aller Welt zum Grand Bassin um ihren Göttern zu gedenken und Buße zu tun. Die Straße dorthin ist die breiteste des ganzen Landes – zweispurig in beide Richtungen und eine extra Spur als Prozessionsweg.

die siebenfarbige Erde
die siebenfarbige Erde

Gleich um die Ecke dann Natur pur im ältesten Nationalpark der Insel. Da gibt es die alten Vulkankrater, von deren Rändern aus man bei schönem Wetter bis nach Réunion schauen kann, und so viel Grün, dass es einem schon fast vor den Augen verschwimmt. Wandern soll hier sehr schön sein, aber dafür haben wir keine Zeit bei unserem straffen Tagesprogramm. Für uns geht es zu den Chamarel-Wasserfällen, die über die Kante eines sogenannten Sinkholes fallen, also über eine Klippe, die entstanden ist, weil sich irgendwann vor geraumer Zeit der Boden aufgetan hat und plötzlich ein großes Loch da war. Er gilt als einer der schönsten Wasserfälle der Welt – aber ganz ehrlich, in jedem Land scheint es so einen zu geben und wenn man alle Top-10-Wasserfall-Listen der Welt nehmen würde, wäre wahrscheinlich jeder Wasserfall der Welt auf irgendeiner drauf. Aber hübsch ist er schon und vor allem gibt es direkt nebenan noch was cooles zu sehen, nämlich ein Phänomen, was man sich bis heute nicht wirklich zufriedenstellend erklären kann. Mitten im sehr bewachsenen Gebiet des Nationalparks gibt es die sogenannte siebenfarbige Erde, wo einfach nichts wächst. Die Erde ist vulkanischen Ursprungs und müsste deshalb eigentlich extrem fruchtbar sein. Aber auch welchen Gründen auch immer wächst dort einfach nichts und durch jahrhundertelange Erosion wurden alle wasserlöslichen Bestandteile ausgeschwemmt und übrig blieb eine Art steinerne Düne, die bei Sonnenschein in ganz wunderbaren Rottönen leuchtet. Dass auf dem gleichen Areal eine Gruppe Riesenlandschildkröten vor sich hin mampft, tut dem ganzen Ambiente auch keinen Abbruch, und wenn man erstmal merkt, wie gerne die am Hals gekrault werden, ist der Tag sowieso gerettet.

endlich Weihnachten!
endlich Weihnachten!

Schon schön hier, aber tatsächlich haben mich die Seychellen mehr beeindruckt, auch wenn nur Strand natürlich auf Dauer etwas langweilig werden kann. Wir werden sehen, was die Route noch so bringt. Der erste Anlauf in La Réunion musste schonmal ausfallen, weil die Franzosen wieder beschlossen haben, Aufstand zu machen gegen Macron, und weil Réunion ein französisches Übersee-Département ist, gilt hier alles was im Mutterland gilt. Wenn die Straßensperren wieder aufgehoben sind und die Hafenangestellten nicht mehr streiken, kommen wir vielleicht in zwei Wochen endlich her – zugegebenermaßen freut sich der Großteil der Crew vor allem auf Réunion weil es europäisches Handynetz gibt und man mit Euro bezahlen kann...

 

 

 

 


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