Im Reich der Öl-Scheichs

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ja so ein typisches Land, wie man es am Persischen Golf erwartet: erstmal nichts als Wüste und kamelreitende Beduinen, plötzlich findet jemand Öl, alle reich! Nur wo in den Emiraten langsam das Öl zur Neige zu gehen droht und die schlaue Herrscherfamilie frühzeitig angefangen hat, den Tourismus ins Land zu holen, gibt es außenrum noch Länder, wo der Tourismus noch nicht ganz angekommen zu sein scheint.

so viel Mosaik!
so viel Mosaik!

Bahrain ist so ein Land. Und auch wenn riesige Kreuzfahrtschiffe im Hafen Platz haben, sieht man direkt im Stadtzentrum noch viele Ecken, die eigentlich genauso aussehen, wie es im Orient halt auszusehen hat. Wenn man erstmal vom großen Souq (also Basar oder Markt) um ein paar Ecken geht, hat man die kleinen Lädchen aneinander gereiht, Wäsche auf den Balkonen hängen, hin und wieder eine hübsche Moschee, nur halt ohne die Horden an Touristen. Es gibt keinen extra Kreuzfahrthafen, die Schiffe machen einfach neben den riesigen Marineschiffen fest. Wenn mehr als ein Kreuzer im Hafen liegt, haben alle bis auf eins Pech und bekommen kein eigenes Hafenterminal, sondern werden vom Schiff aus einfach auf die Pier gekippt und müssen schauen, wie sie wegkommen. AIDA hat einen Shuttle zur Verfügung gestellt, aber bis man in der Hauptstadt Manama ankommt, fährt man eine gute Dreiviertelstunde.

wenn schon kein eigenes Hafengebäude, dann doch wenigstens Begrüßung durch Trommeln und Dudelsäcke und frischen arabischen Kaffee für den Weg zum Shuttlebus
wenn schon kein eigenes Hafengebäude, dann doch wenigstens Begrüßung durch Trommeln und Dudelsäcke und frischen arabischen Kaffee für den Weg zum Shuttlebus

Man fühlt sich ja schon ein bisschen illegal, wenn man da den Hafen verlassen will. An der Gangway bekommt man eine Aufenthaltsgenehmigung in Form eines kleinen rosa Kärtchens, das man mit sich zu führen hat wenn man an Land geht. Dann steigt man in den Shuttlebus, wird am Hafengebäude rausgeschmissen und muss dort das rosa Kärtchen und seine Bordkarte zeigen. Dann wird das Handgepäck durchleuchtet und man muss durch ein Piepsgerät laufen. Auf der anderen Seite wartet der Shuttlebus und fährt einen bis zum Hafentor. Dort steigt ein Grenzbeamter ein und kontrolliert Bordkarten und rosa Kärtchen. Das gleiche Spiele auf dem Rückweg wieder. Gut, dass unsere Liegezeit nur so kurz war, dass es sich nicht gelohnt hat, zweimal raus zu gehen, und so mussten wir das ganze Theater nur einmal mitmachen.

Manamas Skyline
Manamas Skyline

Wir hatten eigentlich ja große Pläne für Bahrain: es soll ein tolles Nationalmuseum geben und ein Altstadtviertel mit traditioneller Architektur, einen großen touristischen Souq mit Stoffen, Gewürzen und Krimskrams in Gold und buntem Mosaik, eine schöne alte Moschee und sogar die königliche Kamelfarm, die man einfach so anschauen darf. Blöd nur, dass durch die langen Shuttlezeiten und die administrativen Sachen an Bord schon so viel Zeit drauf ging, dass wir effektiv noch gute fünf Stunden an Land hatten. Weil wir von der Großen Moschee in Abu Dhabi so beeindruckt gewesen waren, musste die Moschee natürlich auf jeden Fall sein und am Souq kamen wir sowieso vorbei, für den Rest hat es dann aber leider nicht gereicht. Womit wir auch schon bei meinem größten Problem mit Kreuzfahrten als Urlaubsart wären: wie soll man sich denn ein Land anschauen, wenn man fünf Stunden Zeit hat? Als Schnupperurlaub kann man sich das aber definitiv mal überlegen, vor allem wenn man in Gebieten unterwegs ist, wo man sich vielleicht so ganz auf sich gestellt nicht unbedingt hintrauen würde. Bahrain ist seit ein paar Jahren politisch nicht gerade stabil, da andere arabische Staaten Teile des Landes für sich beanspruchen (der übliche Streit wegen „Wer war zuerst da?“), aber in der Hauptstadt bekommt man davon tatsächlich nichts mit, oder jedenfalls nicht in den Ecken, in denen wir uns rumgetrieben haben.

hinter den Touristenstraßen wird es ganz typisch arabisch
hinter den Touristenstraßen wird es ganz typisch arabisch

Angekommen in der Innenstadt von Manama hüpften wir direkt ins Taxi. Vorher hatte ich mich ein bisschen googleschlau gemacht und mehrfach gelesen, dass man beim Taxifahren in Bahrain ganz besonders aufpassen muss. Nicht, weil es gefährlich wäre, sondern weil die Fahrer im Normalfall den „reichen Europäer“ natürlich sofort erkennen und ordentlich über den Tisch ziehen. Also: Augen auf bei der Taxisuche! Und tatsächlich: wir steigen ins erstbeste Taxi und es ist kein Meter in Sicht. Ich habe den Fahrer freundlich darauf hingewiesen, dass wir nur mit einem offiziellen Taxi mit gemeterten Preisen mitfahren und er grinste nur „I will make good price. 5 Dinar to the Mosque.“ Wir hatten natürlich keine Ahnung, wie viel so eine Fahrt zur Moschee kostet und haben dann so lange rumdiskutiert, bis er ganz unauffällig, das Tuch von seinem Armaturenbrett rutschen ließ und was kam zum Vorschein? Na klar, das Taximeter! Es steht sogar an den Taxen dran, wenn kein Meter existiert oder es „kaputt“ ist, fährt man umsonst. Aber gut, er schmeißt das Meter an und wir kommen für 3 Dinar und 750 Fils zur Moschee. Welch Erfolg! (In Bahrain gibt es übrigens eine andere Rechenart als bei uns. Geld wird nicht in Hundertern berechnet, sondern in Tausendern, es gibt also hinter dem Komma drei Stellen statt zwei. Ganz verwirrend, weil man immer denkt, man zahlt gerade mehrere Tausend für irgendwas.)

unter Anleitung klappt das Kopftuchbinden schon ganz gut
unter Anleitung klappt das Kopftuchbinden schon ganz gut

Die Al Fateh Grand Mosque ist die größte Moschee des Landes und ganz anders als die in Abu Dhabi. Ganz traditionell sieht es da drin aus mit tollen Sandsteinwänden und nicht ganz so viel Pomp. Was trotzdem auch hier besonders ist: als Nicht-Muslim hat man uneingeschränkt Zugang und darf sich umsehen. Wir haben wie gewohnt eine schwarze Abaya übergezogen bekommen und eine Horde Musliminnen stand bereit, um beim Anziehen und Taschen-Halten zu helfen. Julia wurde eingekleidet und als ich dann versuchte, ihr perfekt gelegtes Kopftuch auf meinem Kopf nachzubauen, kam gleich eine muslimische Besucherin auf ihrem Weg zum Gebet auf mich zu und bot an, meins zu richten. Von der Freundlichkeit und Zuvorkommenheit der Einheimischen waren wir auf der ganzen Reise extrem begeistert. Jetzt wissen wir also, wie man so ein Kopftuch so trägt, dass es nicht alle zwei Minuten runterrutscht und trotzdem genug verdeckt, dass man sich in einer Moschee angemessen gekleidet fühlt.

Manama Souq
Manama Souq

Zurück an der Straße winkten wir uns ein Taxi (wobei uns natürlich gleich wieder von jemandem geholfen wurde) und erstaunlicherweise hatte er sein Meter ganz offensichtlich neben dem Lenkrad hängen. Mit unseren restlichen 4 Dinar und 250 Fils kommen wir locker hin, dachten wir, und waren guter Dinge, dass so ein ehrlicher Fahrer dann sogar noch ein bisschen Trinkgeld von uns bekommen würde. Aber falsch gedacht. Im Stadtzentrum angekommen standen genau 4 Dinar auf dem Meter und als wir zahlten zeigte er auf die zweite Zeile: „Extras: 2 Dinar“. Oh, welch Enttäuschung! Er konnte uns auch nicht erklären, was genau die Extras waren, aber immerhin akzeptierte er einen US-Dollar als Ersatz für das einheimische Geld. Im Nachhinein sind wir uns gar nicht mal so sicher, welcher der Fahrer jetzt eigentlich der ehrlichere war…
Mit unseren übrigen 250 Fils (das entspricht so etwa 55 Cent) wussten wir dann nicht wirklich etwas anzufangen, also gingen wir zum nächstbesten Kiosk, ich zeigte ihm die Münzen und fragte, was ich dafür bekomme. Der nette Kioskmann legte mir eine Packung Kaugummi hin. So ein großer Kaugummi-Fan bin ich nicht, also dachte ich, vielleicht tauscht er das Kaugummi gegen eine Packung Toffees. So richtig verstanden hat er mich offenbar nicht, denn als ich zögerte, legte er mir eine zweite Packung Kaugummi dazu. Ich zeigte auf die Toffees, er nahm die beiden Kaugummis und legte mir eine Packung Orangentoffees dazu. Ich fragte, ob auch Zitrone gehen würde und er legte mir eine zweite Packung Orangentoffees dazu. Auch eine neue Erfahrung – ein Händler, der mit mir handelt statt andersrum.

Bahrain World Trade Center mit Windturbinen
Bahrain World Trade Center mit Windturbinen

Zur Feier des Tages gab es richtig gutes orientalisches Essen, das übrigens gar nicht scharf ist und mich nicht zum Heulen bringt, und noch einen schönen Bummel über den Souq. Sobald man die Haupt-Touristengassen verlässt, steht man sofort in einer typischen arabischen Stadt, wo man die Kreuzfahrtschiffe kaum noch erahnen kann. Da fahren sogar Fahrräder und Motorroller, weil die Straßen nicht so verstopft sind, und an den Straßenecken stehen kleine Zelte mit ein oder zwei Polizisten drinnen, die ganz entspannt einen Donut essen während ihr Maschinengewehr unbeachtet neben ihnen lehnt. Sehr sympathisch eigentlich, wären da nicht die blöden Taxifahrer…
Die Hauptstadt ist insgesamt sehr modern, wenn man mal von den kleinen Gässchen absieht, in denen es dafür aber strotzt von wunderschöner Moscheen mit mosaikbesetzten Kuppeln und viel Gold. Bahrain ist nicht gerade arm, seit Öl gefunden wurde und so wird auch hier inzwischen immer höher und größer und toller gebaut. Der ganze Stolz der Stadt sind die Zwillingstürme des Bahrain World Trade Centers, die durch Brücken miteinander verbunden sind, an denen Windturbinen hängen. Die können sich wohl auch bewegen und durch Windkraft Strom für das Gebäude generieren.
Auch sehr imposant, aber leider außerhalb unseres Fünf-Stunden-Radius, ist die 25 Kilometer lange Brücke, die Bahrain mit dem Festland verbindet. Bahrain ist ein Inselstaat bestehend aus mehr als 30 Inseln, die aber recht nah an der Küste liegen und so wurde in den 80ern diese gewaltige Straße gebaut, um die Handels- und sonstigen Verbindungen nach Saudi-Arabien zu festigen.

 

Ob ich wirklich nochmal nach Bahrain muss, weiß ich nicht, aber hey – es ist das Land, das meine Liste um ein Land länger macht als die von Papa und das werde ich so schnell nicht vergessen.

 

 

 


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