Neujahr im Warmen

Wer hätte das gedacht, dass es mich so schnell schon wieder aufs Schiff verschlägt? Aber tatsächlich, nach nur zehn Tagen zu Hause geht es schon wieder los, zum ersten längeren Auslandsurlaub in zweieinhalb Jahren und ja, zu meiner ersten Kreuzfahrt!

Feuerwerk an der Corniche
Feuerwerk an der Corniche

Aber erstmal war natürlich der Sprung ins neue Jahr fällig und da wollte ich unbedingt weg, und meine liebe Freundin Julia wollte mit! Und damit Silvester mal so was richtig außergewöhnlich exotisch besonderes würde, flogen wir kurzerhand nach Abu Dhabi, wo ich zwar schonmal war, wo es mir aber so gut gefallen hatte, dass ich da gerne nochmal ein paar Tage verbrachte.

Dubai hatte in den letzten Jahren ja immer eins der größten und beeindruckendsten Silvesterfeuerwerke der Welt und fast wären wir hingefahren dafür, aber dieses Jahr gab es tatsächlich "nur" eine Lichtershow am Burj Khalifa (wer mal youtuben möchte...) und so blieben wir in der Hauptstadt der Emirate und meine Güte, hat sich das gelohnt!

Downtown Abu Dhabi
Downtown Abu Dhabi

Offensichtlich nimmt mal als richtiger Silvester-Tourist genauso wie als Einheimischer für die Neujahrsfeierei ne Menge Geld in die Hand (und vor allem aus der Hand), um den Abend unvergesslich zu machen. An jeder Ecke wurden Silvestermenüs, Livebands und Galas angeboten. Besonders in Downtown Dubai mit Blick auf den Burj Khalifa, der ja bisher zu Silvester immer Mittelpunkt des Dubaier Feuerwerks war, gingen die Preise für die unverbaute Aussicht mit musikalischer Unterhaltung, all-you-can-smoke Wasserpfeife und Fünf-Gänge-Menü rauf bis ins Unendliche, das günstigste waren da noch 490 US-Dollar pro Person. Das nötige Kleingeld hatten wir dann doch nicht, also gingen wir im Supermarkt der Marina Mall so richtig auf den Putz hauen und haben für stolze sechs Euro Oreo-Kekse und vier verschiedene Fruchtsäfte im Tetrapak gekauft, mit denen wir uns an die Promenade am Jachthafen gesetzt haben. Wir bekamen die Livemusik des benachbarten Strandclubs mit und waren bis kurz nach 23 Uhr fast allein an unserem Geländerplatz. Erst sehr kurz vor knapp kamen dann doch die Horden, wobei man die allerdings absolut nicht mit den Horden bei einem Großstadt-Event vergleichen kann. Nach dem über 10-minütigen Feuerwerk entlang des gesamten Küstenstreifens, der Corniche, löste sich die Masse so ruhig und geordnet auf, das war nicht mehr normal. Wenn man drüber nachdenkt, aber eigentlich nicht unlogisch: man trinkt keinen Alkohol auf offener Straße in einem muslimischen Land, darf nicht offensichtlich betrunken sein und es ist auch nicht erlaubt, privat zu böllern. Sehr angenehm, in der Tat.

traditionelle Windturm-Architektur
traditionelle Windturm-Architektur

Und als das Jahr dann so wunderbar gestartet war, mussten wir natürlich auch sofort anfangen mit dem aktiven Urlaub. Fast zweieinhalb Stunden dauerte der Fußweg in der Neujahrsnacht zurück zum Hotel und was wir besonders mitgenommen haben war die extreme Gastfreundschaft der Einheimischen. „Einheimische“ in den Emiraten ist ja so eine Sache. Nur etwa zehn Prozent der Einwohner sind wirklich Emiratis, die anderen setzen sich aus mehr als 150 Nationalitäten zusammen. Aber egal, woher sie kommen, eigentlich ist jeder super freundlich. Man muss nur eine Minute an einer Straßenkreuzung stehen und grübelnd in die Gegend schauen, schon bleibt jemand stehen und fragt, ob er helfen kann.
Richtige Emiratis haben wir vermutlich gar keine kennengelernt an unseren zweieinhalb Tagen in Abu Dhabi. Die meisten Taxifahrer sind Inder oder Pakistanis und im Hotel war die Rezeption praktisch ausschließlich von Philippinos besetzt.

Sheikh Zayed Grand Mosque
Sheikh Zayed Grand Mosque

Die richtigen Einheimischen erkennt man an ihrem landestypischen Gewand. Das stammt noch aus der Zeit, in der die arabische Gesellschaft weitestgehend aus Beduinen bestand, die durch die Wüste zogen und Handel betrieben. Weil es in der Wüste vor allem heiß und staubig ist, haben die Klamotten gewisse Voraussetzungen zu erfüllen: sie müssen leicht sein und dünn, Sonnenschutz bieten und schnell trocknen. Und so entstand die Kandura, das ist das traditionelle Gewand der Emiratis. Im Oman nennt man das Teil Dishdasha, aber eigentlich ist es ziemlich das gleiche: ein knöchellanger Kaftan mit langen Ärmeln, meist weiß, um die Hitze zu reflektieren. Moderne Emiratis tragen drunter ein T-Shirt, was man manchmal durchscheinen sieht. Auf dem Kopf gibt es dazu eine Gutrah, ein üblicherweise weißes Tuch, das im Dreieck gefaltet wird und dann mit einem schwarzen doppelten Ring auf dem Kopf festgehalten wird. Ob man sich als Emirati-Mann traditionell kleidet oder nicht ist jedem selbst überlassen. Wenn man lieber eine graue Kandura trägt, darf man das auch. Wenn man sein Kopftuch ohne Halterung lieber mag, darf man das. Wer gar nichts auf dem Kopf tragen will, darf auch das. Es gibt wie bei allen Klamotten immer die Frage des Trends. Wenn der älteste Sohn des Scheichs plötzlich beschließt, sein Tuch auf der rechten Seite ganz keck über den Kopf zu werfen, sodass man das kleine Käppchen drunter sieht, dann kann man davon ausgehen, dass ein Großteil der traditionell gestimmten Emirati-Jugend plötzlich die rechte Seite ganz keck über den Kopf wirft. Genauso kann man auch beide Seiten hochklappen oder sich gleich einen Turban aus seiner Gutrah legen. Und auch bei der Farbe der Gutrah ist man sehr frei im eigenen Geschmack: während man in den Emiraten fast ausschließlich weiße Tücher auf den Köpfen sieht, gibt es in Bahrain mehr rot-weiß-gemusterte Tücher und im Oman tragen alle beim Staat Angestellten ihr Tuch, egal welcher Farbe, als Turban.

Downtown Abu Dhabi
Downtown Abu Dhabi

Mir gefallen die Kanduras richtig gut. Die Herren sehen immer aus, als ist ihnen sehr luftig zu Mute. Bei Frauen denke ich das dann eher nicht so. Auch hier sind die Emirate sehr offen, was die Regeln angeht. Anders als bei den Saudis sieht man hier alles von nur-die-Augen-frei über lockeres Kopftuch bis hin zu gar-nicht-verhüllt. Nur in den Moscheen hat man natürlich die Haare zu bedecken und trägt ein Kopftuch. Die Abaya, das traditionelle Gewand der arabischen Frau, kann zwar farblich auch alles sein, aber man sieht fast nur schwarze. Teilweise sind die einfach nur schwarz ohne Schnickschnack, aber manchmal sieht man richtig tolle mit Goldfaden verzierte und mit ganz filigranen Stickereien drauf. Die Abaya ist sowas wie ein Oberkleid, was man außerhalb des eigenen Hauses über seinen gewöhnlichen Kleidern trägt. In den Emiraten wird man aber als Ausländer auch nicht komisch angeschaut, wenn man sich nicht bis zu den Knöcheln verhüllt. Julia und ich gehörten da schon fast zur Ausnahme damit, dass wir draußen immer wenigstens Schultern und Knie bedeckt hatten.

Sheikh Zayed Grand Mosque
Sheikh Zayed Grand Mosque

Nur in den Moscheen, da müssen wir uns natürlich auch die Haare bedecken. Für die Große Moschee in Abu Dhabi haben wir uns extra viel Zeit zum Anziehen morgens genommen, damit wir auch ja angemessen da auftauchen. Ich war ja schonmal dort vor ein paar Jahren und damals schon sehr begeistert und Julia wusste sofort, was ich meinte, als wir dort ankamen. Die Moschee ist eine der größten der Welt und ist schon eine ganz besondere Erscheinung. Wenn man als bedeckt genug empfunden wird, muss man nur sein Essen abgeben (was man aber später wieder einsammeln darf) und wird durchgewunken. Es gibt inzwischen kostenlose englische Führungen durch die Moschee und so konnten wir einen kleinen geführten Rundgang mitmachen, auf dem uns alles erklärt wurde. Auf dem Gelände der Moschee ist zum Beispiel das Grab von Scheich Zayed, der die Moschee in Auftrag gegeben hat. Man darf keine Fotos davon machen, aber wenn man davor steht, hört man wunderschöne Gesänge, weil dort den ganzen Tag lang live Gebete gesungen werden. Und dann gibt es natürlich immer zu den sieben Gebetszeiten die normalen Gebete vom Minarett aus. Damit niemand die Zeiten vergisst, hängen an der Gebetshalle riesige Uhren, auf denen alle Gebetszeiten in Arabisch und Latein stehen und mit einem Pfeil die Richtung nach Mekka angezeigt wird.

Gebetshalle - wenn man genau hinschaut, sieht man die Orientierungslinien eingewebt
Gebetshalle - wenn man genau hinschaut, sieht man die Orientierungslinien eingewebt

Gebetet wird im Islam immer nach Mekka und immer auf dem Boden, wenn es möglich ist. Wenn man im Flugzeug sitzt und beten möchte, darf man es aber natürlich auch im Sitzen machen und da keiner erwartet, dass das Flugzeug seine Flugroute Richtung Mekka ändert, darf man auch dahin beten, wo halt grade vorne ist. So streng, wie alle immer behaupten, ist der Islam nämlich eigentlich gar nicht. Aber Anhaltspunkte werden eben gegeben vom Koran und ein guter Muslim hält sich an die Regeln, soweit es eben möglich ist.
In der Gebetshalle der Großen Moschee sieht man interessanterweise zum Beispiel gar nicht die Richtung von Mekka, die in anderen Moscheen meist durch eingewebte Streifen im Teppich angezeigt wird. In Abu Dhabi sollte der Teppich aber wie aus einem Guss sein und sind die Orientierungslinien nur spürbar, wenn man mit dem Fuß über den Teppich streicht. Der soll der größte Teppich der Welt sein und wurde über zwei Jahre hinweg von etwa 1.200 Weberinnen im Iran gewebt. Das Teil ist über fünfeinhalbtausend Quadratmeter groß und wurde in drei Teilen nach Abu Dhabi gebracht um dort verlegt zu werden, weil er in einem Teil um die 30 Tonnen schwer gewesen wäre.
Die sieben riesigen Kerzenleuchter kommen aus Deutschland, weil wir die schönsten Kristalle haben. Und noch was cooles gibt es, was sich Scheich Zayed ausgedacht hat für „seine“ Moschee: um die Außenwände, die alle sehr offen sind mit vielen Säulen im Palmen-Look, sind auf allen Seiten flache Wasserbecken im Boden eingelassen. Sieht nicht nur hübsch aus, sondern ist tatsächlich sehr praktisch. Damit man die Moschee von weitem sehen kann, wurde ein kleiner Hügel aufgeschüttet für den Bauplatz und so ist das kolossale Gebäude sehr den heißen Wüstenwinden ausgesetzt. Damit wenigstens ein bisschen Abkühlung kommt, sind die Wände eben offen, und der Wind kommt egal aus welcher Richtung immer über kühles Wasser, sodass die Brise in den Gängen wirklich immer sehr angenehm ist. Wir waren ein zweites Mal noch in der Moschee und da ging gar kein Lüftchen – das war dann schon ein Unterschied und unglaublich heiß.

Abu Dhabi Falcon Hospital
Abu Dhabi Falcon Hospital

Dann durfte natürlich ein Besuch im Falkenkrankenhaus nicht fehlen, weil Julia sowas noch nie gesehen hatte und ich es letztes Mal ganz cool fand. Der neue Freund, den wir gefunden haben, war allerdings kein Falke, sondern eine Miniatur-Eule, die ganz groß in die Gegend geschaut hat. Am nächsten Tag waren wir dann doch so voll von tollen Eindrücken, dass wir es ein bisschen gemütlich angehen ließen mit einer Hop-On-Hop-Off-Bustour durch Abu Dhabi, bzw. eine Hoppelbus- oder Hiphop-Tour, wie die AIDA-Gäste gerne sagen. Sehr aufregende erste Tage auf jeden Fall und so waren wir auch bald bereit, den richtigen Faulenzer-Urlaub auf dem Schiff zu starten.

 

 

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Antuen (Sonntag, 14 Januar 2018 18:34)

    Irre !!! Bilder

  • #2

    Sonja Widmaier (Mittwoch, 17 Januar 2018 07:33)

    Tatsächlich: Tausend und eine Nacht!