sunstruck

Nachdem ich offensichtlich einige Verwirrung gestiftet habe zum Thema, was ich eigentlich die ganze Woche hier getrieben habe: Ich war krank. Und zwar so richtig. Drei Tage praktisch am Stück im Bett verbracht und jetzt geht es mir wieder ganz gut. Zu erzählen gab es also nicht viel und außerdem war mein Internet tagelang nicht dazu zu bewegen, gescheit zu funktionieren. Und so verzweifelt brauche ich dann doch keine Aufmerksamkeit, dass ich meinen Blog per Handy auf Vordermann bringe.

mitten auf dem Campus!
mitten auf dem Campus!

Uni war diese Woche ziemlich non-existent. Dienstag war ich zum ersten Mal in meiner Anthropologie-Vorlesung. Ich weiß, dass das eigentlich nix mit Tourismus zu tun hat, aber um alle meine Credits in Deutschland auch angerechnet zu bekommen, musste ich ein Fach belegen, das einigermaßen irgendwelchen Regional Studies entspricht. Weil ich keine Lust auf Aboriginal Studies hatte, habe ich mich daher in ein Erstsemester-Fach eingeschrieben mit dem hübschen Namen „Cultural Diversity in a Global Perspective“ mit Schwerpunkt auf der Gesellschaft im tropischen Raum. Die Vorlesung war an sich ja ganz lustig, ziemlich liebender Anthropologe, der hingebungsvoll von dem Schamanenstamm in Venezuelas Urwald erzählt, bei dem er anderthalb Jahre gelebt hat.

Monster-Mozzie
Monster-Mozzie

Alles schön und gut – bis er angefangen hat, zu berichten, wie genau man vorgeht, um die Geister der Ahnen sehen und mit ihnen kommunizieren zu können. Dazu macht der Medizinmann des Stammes aus Früchten und Kräutern und Rinde und Erde ein helles Pulver, das geschnieft wird. Und dann – oh Wunder – sieht man die Geister! Wir haben einen Aboriginal in unserer Vorlesung und der meinte dann gleich, bei ihnen in der Community würde auch Kontakt mit den Ahnen aufgenommen werden, aber sie können das auch ohne sich vorher Halluzinogene ins Gehirn zu schießen. Das war der beste Moment der Vorlesung.
Bin mal gespannt, was da noch so kommt – muss jedenfalls eine anthropologische Beobachtung durchführen und dadrüber ein Essay schreiben…das wird ein Spaß.

Aber wenn ich Glück habe, kann ich das verbinden mit dem Australian Festival of Chamber Music, das seit gestern Abend in vollem Gange ist und bei dem wir weiterhin helfen und mit positiver Energie zur Seite stehen. Am Donnerstag fand abends das legendäre Gala-Dinner „Chefs in the North“ statt, zu dem ein halbes Dutzend der besten australischen Gourmetköche eingeflogen wurden, die dann ein Fünf-Gänge-Menü zaubern, das auf der wunderschönen Außenfläche hinter dem Townsviller Kasino serviert wird. Michael und ich durften den schicken Herrschaften den Weg zu ihren Tischen weisen, dabei immer schön lächeln und laut sprechen (weil ja alle so taub sind) und deswegen ist meine Stimme ziemlich im Eimer grade.

 

Wir hatten eine Menge Spaß den Abend. Ganz schick in Kleid und hohen Hacken und Michael und der Full-Time-Praktikant Cameron in Anzug und schicken Schuhen und mega begeistert, wie es denn möglich sei, dass ich meine Haare mit meinen eigenen Haaren hochbinden kann?! :D
Uns wurde nur gesagt, wir sollen um halb sechs da sein – wie gut, dass wir die einzigen waren und keiner der Orga-Truppe da war. Wir also den Leuten, die was wissen wollten, irgendwas vorgemurmelt und gehofft, dass es nicht auffliegt. Waren aber alle ziemlich freundlich und gut drauf und der Anblick des „Black Carpet“, der vom Hinterausgang des Kasinos gesäumt mit Fahnen und kleinen Lichtern zur Bühne führte, hat sie fast alle Infos eh wieder vergessen lassen.

dagegen kommt mein Weihnachtsstern zu Hause dann doch nicht an
dagegen kommt mein Weihnachtsstern zu Hause dann doch nicht an

Leider wurde erst das Essen serviert, sonst wäre ich ja noch für ein bisschen der Musik (sooo berühmte Musiker haben gespielt…) dageblieben, aber wir wollten dann nicht so lange warten und sind noch was essen gegangen, wobei wir ziemlich lustig angeschaut wurden von allen, Michael mit offenem Jacket und lockerer Krawatte und ich voll fertig in meinen grasig-matschigen Schuhen und mit total zerzausten Haaren – weil ja alles draußen stattgefunden hatte.
Gestern Abend ähnliches Spiel nochmal. Wir hatten je zwei Complimentary Tickets zu Veranstaltungen unserer Wahl bekommen und ich bin dann gestern für umme ins Civic Theatre gereist (eine Stunde Odyssee durch Townsville und höchst verwirrende Busfahrer-Gespräche – wieso zur Hölle war die Busfahrt umsonst? Wieso hat der Busfahrer mir nicht gesagt, dass ich umsteigen muss wenn ich zum Theater will? Wieso hat er mich extra nochmal in die Stadt gefahren nach Feierabend, nur um mich 10 Minuten später mit ner anderen Busnummer wieder einzusammeln?)

Strandkunst
Strandkunst

Jedenfalls habe ich im Foyer der Marketingverantwortlichen und meiner direkten Chefin Amy und den Volunteers (alle mindestens dreimal so alt wie ich) geholfen, Tickets zu verteilen und Programmhefte zu verkaufen. Ich bin öfters schier ausgeflippt – alles muss super funktionieren, aber die nette Gai (was ist das bitte für ein Name?!) braucht Minuten, um in der kleinen Kiste mit alphabetisch nach Namen geordneten Tickets irgendwas zu finden: „Gai, der Name ist Martin, mit M.“ – „M…M… hmm, hier ist nur R.“ – „Ja, siehst du hier: du bist doch unter dem R-Reiter.“ – „Oh. Und wo ist dann M?“ Mannomann…das war was.
Wenigstens durfte ich danach das Konzert auch anschauen, hatte einen Platz weit oben mit toller Sicht zur Bühne und konnte so die vier Stücke (von John Ireland, Nigel Westlake, Ravel und Beethoven) genießen und ich muss sagen, alles außer dem Gitarren-Duo war ziemlich cool. Freue mich jetzt schon auf „Bach bei Candlelight“ nächste Woche, wo ich auch umsonst hindarf.

Lorrikeet gut getarnt
Lorrikeet gut getarnt

So, das war jedenfalls das, was diese Woche so loswar. Ich warte noch auf Antwort eines Mädels, die mir übermorgen ihr Auto verkaufen will. Ich hoffe, das klappt und sie hat mich nicht vergessen. Außerdem werde ich wohl wirklich zum 2. August zur Mel ziehen – wenn ich das Auto schon hätte, wäre das natürlich ziemlich praktisch mit Umzug und so. Freue mich schon, die scheint echt in Ordnung zu sein und kümmert sich gerade drum, dass ich ein Bett habe, wenn ich ankomme. Sogar ohne zusätzliche Kosten. Und ich kann ihrer Ex-Mitbewohnerin deren Schreibtisch abkaufen, den Mel mir dann abkauft wenn ich ausziehe. Wirklich freuen werde ich mich aber nach all den Schwierigkeiten, die es bisher immer gab, erst wenn ich wirklich eingezogen bin ;)

 

Liebe Grüße und ich hoffe es geht euch allen gut (ihr Schweine – wieso habt ihr über 30 Grad und ich konnte noch nicht einmal in den Pazifik hüpfen?!)

 

 

 

 


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