Manhattan calling

So viele Highlights gab es schon auf dieser Überfahrt, doch der Höhepunkt für die meisten meiner Kollegen stand noch bevor: Einlaufen in New York! Wer sich Vielfahrer schimpfen will, muss damit angeben, schon wenigstens einmal in New York eingelaufen zu sein und die meisten unserer Gäste buchen so eine Transatlantikreise „oben rum“ nur wegen dem letzten und spektakulären Hafen.

morgendliche Begrüßung durch Lady Liberty
morgendliche Begrüßung durch Lady Liberty

Gleich vorweg: soo spektakulär finde ich persönlich New York ja nicht, aber mit unserer diva entlang von Manhattan zu schippern hatte schon etwas. Super früh standen wir alle auf der Matte, um unsere Kollegen auf Deck 6 zu treffen für Kakao und Streuselkuchen. Die Sonne ging grade auf, als die Skyline in Sicht kam und das tröstete uns etwas über das doch recht trübe Wetter hinweg. Bevor die Kreuzfahrtschiffe ihren Weg entlang Manhattans Küste machen, wird man fürs Früh-Aufstehen entschädigt mit einem unverbaubaren Blick auf die Freiheitsstatue, die zu der Zeit sogar noch schön beleuchtet war.
So ein Höhepunkt einer Reise ist für alle eine tolle Möglichkeit, sich mal wieder mit Kollegen aus anderen Abteilungen zu treffen, ohne gleich was ausmachen zu müssen. Es reicht ein kurzes „Einlaufen morgen?“ beim Mittagessen und jeder außenrum weiß, dass er nicht allein sein wird auf Deck 6.

na, wenn das mal sicher ist...
na, wenn das mal sicher ist...

So ein Höhepunkt scheint auch alle sehr positiv zu stimmen, denn es gab keine einzige Beschwerde über die Pier, an der wir anlegten und die aussah, als würde sie beim nächsten Sturm auseinander brechen. Die offizielle Homepage des New Yorker Cruise Centers sagt, dass das Manhattaner Terminal eins der modernsten der Welt ist. Das mag wohl auch stimmen für Teile des Hafens, denn seit kurzem wird extrem viel Geld in den Ausbau der Liegeplätze gepumpt. Pier 88 und 90 sind somit schon superschick mit Glas und Stahl und elektronischen Anzeigen über den Eingängen und ausgeschilderten Busparkplätzen. Dumm nur, dass wir an Pier 92 lagen, wo das Geld noch nicht angekommen ist. Nach einem halben Tag Regen regnete es in der Ankunftshalle weiter und es wurden überall Mülleimer aufgestellt um das Wasser aus der Decke aufzufangen. Kabel kommen glücklicherweise nicht mit dem Regen in Berührung, die sind nämlich schon alle gekappt für die bevorstehenden Bauarbeiten und hängen an allen möglichen und unmöglichen Stellen aus Wänden und Decke. Es ist also sinnvoll, das Schiff noch im Hellen zu verlassen, wenn man vorhat, nachts zurück zu kommen, damit man seinen Weg zurück findet. Ungelogen, so ein schrottiges Terminal hatte ich nicht mal in Indien oder Jamaika.

Times Sqaure mit weltgrößter LED-Wand
Times Sqaure mit weltgrößter LED-Wand

Aber wir sind ja nicht für den Hafen nach New York gefahren. Wenn Pier 92 eins kann, ist es die Nähe zum Times Square. In zwanzig Minuten ist man mitten im Getümmel und ich durfte drei Tage hintereinander je eine andere Kollegin hin begleiten, die den Times Square unbedingt bei Nacht sehen wollte. Mit schnell wieder zurückkommen ist nichts, denn alle Geschäfte haben unter der Woche bis Eins und am Wochenende bis Mitternacht offen und dank der Hundertschaften an Touristen ist man nicht mal der Einzige, der mitten in der Nacht noch shoppen geht und überrascht ist, dass es im hell erleuchteten Laden dunkler ist als draußen. Die riesigen LED-Wände sind noch spektakulärer geworden seit dem letzten Mal, dass ich hier war. Teilweise denkt man, auf ein sich bewegendes Plakat zu schauen, so gestochen scharf sind die Bilder. Die beeindruckendste dieser digitalen Werbetafeln gibt es erst seit letztem Jahr, sie umschließt die Ecke eines Gebäudes und man sieht absolut nicht, dass es einzelne Pixel sind, die das Bild ausmachen. Das Teil geht über neun Stockwerke und ist über anderthalb tausend Quadratmeter groß und damit eine der größten LED-Wände der Welt. Könnt ja mal danach googeln, das ist wirklich krass.

Fährüberfahrt nach Ellis Island
Fährüberfahrt nach Ellis Island

Auf Ausflug musste ich gottseidank nur einmal. Mir ist das immer viel zu stressig, mit einer Gruppe verwirrter Deutscher in einer Großstadt unterwegs zu sein. Aber eins fehlte mir noch vom letzten Mal New York: Ellis Island. Für etwa zwölf Millionen der Einwanderer in die USA war Ellis Island der erste feste Boden unter den Füßen nach einer langen, anstrengenden und oft gefährlichen Schifffahrt über den Atlantik. 62 Jahre lang wurden hier die Ankömmlinge sortiert und kategorisiert nach Herkunft, Alter, Krankheitsgeschichte, Arbeitsfähigkeit und ob sie nachreisende Familienmitglieder waren oder als erster ihrer Familie ankamen. In den 1950ern wurde die Einwanderungsstelle geschlossen und ist jetzt seit knapp dreißig Jahren für die Öffentlichkeit als Museum zugänglich. Ich kenne das Gegenstück in Bremerhaven, von wo aus viele der Auswanderer ablegten und so war das ganze wirklich interessant. Wenn man viel Zeit und Geld mitbringt, kann man für mehrere Stunden einen Computer im Archiv buchen, um die eigene Verwandtschaft zu recherchieren.

die Ankunftshalle von 12 Millionen Einwanderern auf Ellis Island
die Ankunftshalle von 12 Millionen Einwanderern auf Ellis Island

Aber auch, wenn man nur das Museum besucht, lohnt sich die Bootsfahrt. Ein paar der alten Bänke stehen in der riesigen Ankunftshalle, durch die jeder einzelne der zwölf Millionen gehen musste. Heute sitzen Touristen mit Audiogeräten drauf und starren beeindruckt auf die gigantischen Flaggen, die heute verzieren, was früher nur blanke Wände waren. Anderthalb Stunden waren wie immer auf AIDA-Ausflug viel zu wenig Zeit um alles anzuschauen, aber es gibt ganz viele Geschichten und Einzelschicksale zu lesen und anzuhören. Muss man wohl doch nochmal wiederkommen irgendwann – zumal ich gesehen habe, dass sie seit neuestem auch die alten Krankenhaus-Gebäude auf der Insel der Öffentlichkeit zugänglich machen, die noch genauso aussehen wie als sie zuletzt genutzt wurden. Man bekommt einen Bauarbeiterhelm und Taschenlampen und dann macht man sich auf die Suche nach den Geistern von damals. Sehr spannend.
Vielleicht warte ich aber mit dem Wiederkommen lieber bis in eine neue Legislaturperiode, denn es wird schon super viel Stress gemacht in den USA. Wir hatten das große Pech, dass wir nicht nur am Hafen kontrolliert wurden. Nein, auch die gewöhnlichen Sicherheitskontrollen an Fähren, Museen und Hochhäusern waren nochmal doppelt verstärkt worden, denn gerade die vier Tage unseres New-York-Aufenthaltes war eine große UN-Konferenz und Donald höchstpersönlich war in der Stadt. Wir haben sogar seinen Autokorso einmal kurz gesehen als wir abends Richtung Times Square unterwegs waren. Wie aufregend.

Einlaufen in New York
Einlaufen in New York

Ich war sehr froh, dass ich erst in Kanada abgestiegen und heimgeflogen bin, denn einigen Kollegen, die in New York das Schiff verlassen sollten, wurde vorher verboten, das Schiff zu verlassen. Richtig ärgerlich, wenn man vier Tage am Stück dort ist und dann nicht raus darf. Viele der Nicht-EU-Kollegen hatten sowieso die Arschkarte, denn wer im erst im ersten oder zweiten AIDA-Einsatz war, durfte von vornherein in den USA nicht von Bord. Man hat Angst vor sogenannten „Jumpern“, die ihren Job als Tarnung nutzen um illegal in die USA einzuwandern. Wie man das anstellt ohne Ausweisdokument ist mir ein Rätsel, denn wir durften nichts mit von Bord nehmen außer unserer Crewkarte und Bargeld. Der Reisepass bleibt sowieso an Bord, aber auch Perso, Führerschein, Krankenkärtchen, ja sogar die Kreditkarte musste da bleiben. Da kommt man doch nicht weit. Wir hatten Glück. Kein Jumper beim ersten Anlauf, sonst hätte es sein können, dass der gesamten Crew unseres Schiffes für den Rest der Nordamerika-Saison alle Landgänge in den USA verboten werden.

 

 

Verrückt, diese Regeln, aber für mich war es eh nur das eine Mal New York, bevor es schon fast Richtung Heimat, aber erstmal wieder zurück die Küste entlang Richtung Norden ging.

 

 

 

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Melanie (Dienstag, 05 Februar 2019 11:40)

    Oh mann, in dem Pier kann man echt einen Horrorfilm drehen... Ist ja gruselig!